Festivalbericht: Emergeandsee 2011
Mit Liebe zum Detail
Beim studentischen Kurzfilmfestival Emergeandsee, welches sich im letzten Jahr neu erfunden hat und seitdem als „media arts festival“ firmiert, gibt jährlich ein Thema die Richtung im Dialog der Medienkünste vor. Überschrift in 2011: En Détail. Also die Frage nach dem Kleinen, dem Besonderen, das nicht selten auf das Große und Ganze schließen lässt. Dem verschrieb sich auch der Kurzfilmwettbewerb im Zentrum des Festivals am Samstag. Geteilt in drei Blöcke qualifizierten sich 22 aus rund 400 eingereichten Beiträgen aus denen das aufmerksame Publikum und vier Juroren Preisträger finden sollten.
Interessant dabei, wie unterschiedlich die beiden Instanzen entschieden. In einer sehr experimentellen, (video-)künstlerischen Auswahl votierte das Publikum für den konventionellsten der Shorts: „Striptease“ von Juan Carlevaris Garcia aus Spanien. Im Kammerspiel fordert Julio von seiner Sofia, dass sie vor ihm strippen möge. Er überzeugt sie schließlich mit einer albernen Wette davon, doch ihre Bedenken, dass ihre Performance nur einen Klick von der unkontrollierbaren Welt des Internets entfernt sei, über Bord zu werfen. Doch statt knisternder Erotik oder wahlweise billiger Zurschaustellung bricht Sofia das Spielchen ab und entblößt statt ihres Körpers die Wunden ihrer Seele. Eine verletzliche Frau offenbart sich in intimer Atmosphäre ihrem Betrachter. Die anschließende körperliche Hingabe rundet das nur noch ab. Die Mehrheit im Publikum erreichte Regisseur Juan Carlevaris Garcia damit offenbar.
Andere Maßstäbe setzte offensichtlich die Jury aus Kameramann Wolfgang Busch, Insa Wiese (Leiterin der Regensburger Kurzfilmwoche), Filmemacherin Marie-Catherine Theiler und der Medienhistorikerin Sandra Neumann an. Statt des größten gemeinsamen Nenners, begab die sich – ganz im Sinn des Festivalmottos – auf die Suche nach den Details. Im ausgezeichneten „Murhatuolit“ („The Murder Chairs„) vom Finnen Nalle Mielonen spielen Stühle die Hauptrolle. Die erzählen im Dialog mit ihrer Umgebung und der Kamera auf subtile Weise gewalttätige Geschichten, die erschaudern lassen. Ein Kleinod und non-verbales Meisterwerk. Dass sich dabei eine „Fokussierung aufs Detail in allen Ebenen des Films findet“, wie Jurorin Theiler als Begründung verlas, verschmilzt letztendlich Festival-Thema und Siegerfilm zur sinnstiftenden Essenz.