Interview mit den Alfilm-Machern

"Arabischer Frühling" im Herbst


Claudia Romdhane, Fadi Abdelnour

Claudia Romdhane, Fadi Abdelnour

Das Alfilm Festival im dritten Jahr: Über die Umbrüche in der arabischen Welt, die Herausforderungen unter diesen Umständen an Filme zu gelangen und den arabischen Humor. Ein Interview mit den Programmver- anwortlichen Claudia Romdhane und Fadi Abdelnour.

Wie schwierig war es in diesem Jahr für Sie, aufgrund der Ereignisse in der arabischen Welt, Filme für das Festival zu organisieren?
Fadi Abdelnour: Es war auf vielen Ebenen schwierig. Zunächst erstmal, weil die Menschen aufgrund der Ereignisse nur sehr schwer zu erreichen waren. Zudem kamen noch die Beschränkungen dazu, nicht reisen zu können. Als Palästinenser bekam ich oft keine Einreisegenehmigung. Unter Mubarak etwa fand man immer Ausnahmemöglichkeiten. Doch jetzt war es sehr oft gar nicht möglich. Von hier aus alles per E-Mail zu organisieren, war erheblich schwieriger und sehr anstrengend.
Claudia Romdhane: Außerdem wurde viel weniger produziert, denn die meisten Filmemacher waren auch auf den Straßen. Es gibt deshalb auch wenig hochwertige Spielfilme, die z.B. die Revolution bereits abbilden würden. Das braucht noch Zeit. Es gibt ein paar Dokumentarfilme, die sich auf die Ereignisse beziehen. Aber spielfilmtechnisch ist da bisher wenig passiert. Unser Eröffnungsfilm, der ägyptische Episodenfilm „18 Days“ ist da eine echte Ausnahme.

Wie stark haben Filmemacher Anteil an den Umwälzungs- prozessen, die mit der Jasminrevolution im vergangenen Dezember begannen?
Romdhane: Viele Filmemacher hatten ein Gespür für die Dinge, die nicht gut liefen. Das war auch schon immer so, auch anderswo und kam eben nicht erst durch die neuen Medien, wie man jetzt so oft betont. Der tunesische Film „Buried Secrets“ (2009) von Raja Amari ist dafür ein gutes Beispiel.
Abdelnour: Man muss dazu sagen, dass sich in den letzten 10 bis 20 Jahren hier im Filmbereich einiges entwickelt hat. Besonders in den letzten fünf Jahren gab es sehr gute Produktionen. Wir haben vor drei Jahren schon den ägyptischen Film „Ein Shamps/ Eye of the Sun“ von Ibrahim El-Batout gezeigt, der sicher als einer der wichtigsten Wegbereiter für diese Bewegung gelten kann. Außerdem distanzierten sich die Leute mehr und mehr von den Mainstreammedien. Viele hatten irgendwann kein Vertrauen mehr in die offiziellen Nachrichten, weil die überhaupt nicht ihre Realität abbildeten. Sie suchten sich die Informationen eher im Internet oder Mitteilungen in Autoren- und Independentfilmen.

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