Festivalbericht Afrikamera 2011

Vage Zukunft


Filmszene: "Island of the Spirits"

Filmszene: "Island of the Spirits"

Dass das Internet nicht nur beim Arabischen Frühling eine wesentliche Rolle spielte und als Medium der westlichen Welt für Afrika nützlich sein kann, sondern insbesondere für den afrikanischen Film gebraucht werden kann, wurde als Chance in einer das Festival begleitenden Podiumsdiskussion festgehalten. Sicher gibt es nicht in jedem Haushalt in Afrika einen Computer, geschweige denn Strom. Allerdings besitzt „… fast jeder Bewohner Burkina-Fasos ein Mobiltelefon, was auch eine Verbreitungsmöglichkeit für Filme sein könnte“ erklärte etwa Ardiouma Soma. Die Gesprächsrunde, an der der Programmleiter des Festivals Fespaco teilnahm, fand unter dem Motto: 
“Auslaufmodell „Kino? Afrikanisches Kino auf alternativen Wegen“ statt. Da in den letzten Jahren die Zahl der afrikanischen Filmfestivals in Afrika stark zugenommen hat, auf der anderen Seite aber viele Kinosäle geschlossen wurden, sind Festivals meist die letzten Überbleibsel der afrikanischen Kinolandschaft. 

Das Panel beschäftigte sich daher eingehend mit den Fragen, wie sich Filmfestivals entwickeln und behaupten können und welchen Beitrag sie afrikanische Länder und  deren Kreativindustrie leisten können.

Annie Djamal, die als Vertreterin des sehr groß angelegten und anerkannten nordafrikanischen Filmfestivals Journess Cinematographiques de Carthage, vertrat die Meinung, dass „Filmemacher einen Film durch die Produktion finanziert sehen sollten und danach, durch den Verleih nicht mehr für das fertige Produkt entlohnt werden müssten“ um eben auch Filme frei(er) zugänglich zu machen. In Bezug auf europäisches und US-amerikanisches Kino eine durchaus befremdliche Haltung.

Neben den Möglichkeiten der Filmökonomie wurde die Frage diskutiert, wie afrikanische Filmfestivals wahrgenommen werden und vor allem sein sollten. Unumstritten sind die Festivals in vielen Ländern Plattformen für junge Filmschaffende und zudem Highlights für die Bevölkerung, da es vielerorts kaum oder keine Kinos gibt. Dabei kristallisierte sich heraus, dass gerade der nationale Film im jeweiligen Land wohl von großem Interesse sein sollte und es den Festivals nicht darauf ankommen darf, Medienevents von internationalem Rang zu werden. Laza, künstlerischer Leiter des Madagaskar Filmfestival Recontres du Film Court – und zudem selbst Regisseur und Produzent – unterstrich diesen Aspekt. „Afrika hat mindestens zwei international renommierte Filmfestivals. Das reicht doch. Den lokalen Film unterstützen, fordern und fördern, um zu zeigen was im eigenen Land passiert…“ könnte ein wichtiger Anspruch und Indiz für die kleineren afrikanischen Festivals sein.

Der Regisseur und Programmdirektor des seit gut einem halben Jahrzehnt stattfindenen mosambikanischen Dokumentarfilmfestivals DOCKANEMA, Pedro Pimenta, wünscht sich ganz generell für die Kunstform Film eine grundlegende Regel: „Respekt dem Regisseur und dem Film gegenüber zu zollen.“ Auf Festivals sollten seiner Meinung nach nicht mehr als 80 Filme gezeigt werden. „Ich fühle mich nicht als ein Teil eines Festivals, wenn Zuschauer in ein Hotel einchecken und am Abend meinen Film sehen, aber nicht mich und nicht mit mir über den Film reden und am nächsten Morgen dann wieder nach Hause fliegen.“ Einen fast schon euphorischen Aufruf formulierte auch Pimenta, Produzent des Films „Island of the Spirits“ (Licinio Azevedo): „Afrikaner müssen im Film eine Stimme haben„. „Island of the Spirits“ porträtiert auf sehr subtile Weise die Bewohner der  Ilha de Mocambique. „Dort Leben 15.000 Menschen, die sich einen einzigartigen Ort und ein eigenes Universum geschaffen haben. Genau das wollten wir zeigen und nicht eines dieser üblichen Postkartenmotive.“ Bleibt dem postkolonialen afrikanischen Kino zu wünschen, sich weiter in Richtung Jetzt und Zukunft zu bewegen und weitere Filme zu schaffen, die national ergreifen, aufregen, bewegen und unterhalten und die den Kontinent der internationalen Filmwelt noch näher bringen.

Sven Bruelke

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