Festivalbericht zum 60. Internationalen Filmfest Mannheim-Heidelberg

Die Söhne Mannheims


Filmszene: "Un Cuento Chino"

Filmszene: "Un Cuento Chino"

Gerade mal ein Jahr jünger als die Berlinale, die im letzten Jahr ihren 60. Geburtstag feierte, ist das Internationale Filmfest von Mannheim und Heidelberg, das diese Marke in diesem Jahr begeht. Das Wort alt, von dem sich altern ableiten ließe, vermeidet Festivalleiter Dr. Michael Kötz, der eben jenes Amt schon zum immerhin zwanzigsten Mal bekleidet, in seinem Vorwort im Festivalkatalog. Stattdessen beschreibt er sein Event als „ein Jahresfest der Attraktionen„, das „jedes Mal jung und jedes Mal neu“ sei. Wenig später stellt er die Gretchen-Frage: „Wozu ein Festival?“ Antwort gäbe es nur eine: „Die Art der Filme, die Methoden der Filmauswahl begründen diese Existenz.

Wohl typisch für Kötz, der sich nicht kurz fassen will, wenn er über seine Festivals (er steht auch dem Festival des Deutschen Film im benachbarten Ludwigshafen vor) spricht. Aus seinen Worten klingt Stolz über das erreichte der letzten Jahrzehnte, stolz darauf, wie sich das Festival behauptet, in einer Branche, die rein quantitativ zwar immer mehr produziert, in der sich die Konkurrenz aber auch verschärft, was gerade der mit harten Bandagen geführte Kampf der A-Festivals um die großen Premieren zeigt. Auch wenn Mannheim nicht mit diesen konkurriert, fischt es doch im selben Teich. Der Anspruch ist klar formuliert, es gilt unverbrauchte Filmkunst zu entdecken und seinem Publikum zu präsentieren. Filmkunst, Arthouse, die sonst nur selten den Weg auf die große Leinwand findet, die sie verdient.

So entstehen Festivalprogramme, die natürlich sehr individuell sind und etwas wie eine Handschrift der Macher tragen, ja diese sogar tragen müssen. Die Gabe und nicht zuletzt der Mut, aus einem riesigen Fundus eine Essenz zu gewinnen und sie dem Zuschauer zu präsentieren, ist doch das eigentliche Geheimnis von Filmfestivals, wo Publika aus verschiedensten Gründen der kuratorischen Arbeit der Macher vertrauen. Dass die Meinungen im Einzelfall stark divergieren, liegt in der Natur der Sache Film, wo der anschließende Austausch über das gerade Gesehene zum Erlebnis dazu gehört. Worüber lässt sich trefflicher streiten, als über Kunst?

Das Filmfest Mannheim/Heidelberg lieferte schon mit seinem Eröffnungsfilm „Oslo wird immer uns gehören“ („Okkar eigin Oslo„) eine gute Vorlage, um zu diskutieren. Wobei schon während der Projektion die Zahl derer, die amüsiert die Schenkel beklopften, in der Unterzahl war gegenüber denen, die ungläubig den Kopf schüttelten und sich ob des Films, mehr aber ob dessen exponierter Platzierung, wunderten. Der isländische Regisseur Reynir Lyngdal zimmerte doch eine sehr seichte Komödie zusammen, in der er seine mäßig ausgeklügelten Figuren vor wundervoll anmutender isländischer Kulisse in eine Verlegenheit nach der anderen stolpern lässt. Recht platte Gags und Verwicklungen sorgen für Klamauk, der einen sonst eher im Privatfernsehen verschreckt.

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