Festivalbericht Cinema! Italia! 2011

Festivalbericht 2011: Eindringlichkeit und leuchtende Bilder


Micaela Ramazzotti als Anna in "La prima cosa bella"

Micaela Ramazzotti als Anna in "La prima cosa bella"

Wie sich später herausstellen wird, ist der Trubel jedoch der Darstellerin Claudia Pandolfi geschuldet, die an diesem Abend den Festivalpreis für „La prima cosa bella“ entgegennehmen darf und sich trotz ihrer Nebenrolle offensichtlich an einer großen italienischen Fangemeinde erfreut. Pandolfi ist gut gelaunt, betritt die Bühne in einem silbernen Glitzerkleid, das bis in die letzten Reihen funkelt und bringt mit ihren schlagfertigen Antworten selbst einen alten Hasen des Business wie Organisator Helge Schweckendiek spürbar in Verlegenheit. Nach drei Stunden Programm bestehend aus Begrüßung, Preisvergabe, Filmvorführung und anschließender Diskussionsrunde ist das Cinema! Italia! -Publikum offenbar ziemlich ausgehungert. Die im Foyer bereitgestellten Häppchen entmaterialisieren sich binnen Minuten und die Gäste drängeln sich rabiat und ungeduldig um die Tafel, sodass man schon froh sein kann, wenn man sich ein Stück Weißbrot und ein bisschen Pesto erkämpft.

Den Abschluss von Cinema! Italia macht schließlich der berührende Film „In L’uomo che verrà“ („Ein Mensch kommt in die Welt„, Giorgio Diritti), der sich auch genrebedingt erheblich von den anderen Beiträgen abgrenzt. Hier erlebt das Publikum das Geschehen des zweiten Weltkrieges im ländlichen Monte Sole hautnah durch die Augen der achtjährigen Martina (Greta Zuccheri Montanari). Seitdem ihr Bruder gestorben ist, spricht Martina nicht mehr, was der Eindringlichkeit des Films allerdings keinen Abbruch tut, denn als die Deutschen das kleine Dorf schließlich erreichen, kann nur noch Sprachlosigkeit das ausdrücken, was die Bewohner dort über sich ergehen lassen mussten. Das Drama  „L’uomo che verrà“ zeigt mit dem Massaker von Marzabotto eine wahre Begebenheit, die zwar mit fiktionalen Geschichten unterfüttert wird, was auf die Bestürzung und Traurigkeit beim Zuschauer aber wie eine Art Verstärker einwirkt. Lobend muss erwähnt werden, dass der Beitrag nicht nur als eindimensionaler Anti-Nazi-Film verstanden werden will, sondern genauso auch die Aktionen und Reaktionen der italienischen Partisanen kritisch beleuchtet. Das Fazit des Films lautet daher, dass Gewalt und Greueltaten durch keine politische Gesinnung gerechtfertigt werden können und dass die damaligen Ereignisse ihr schreckliches Ausmaß erst durch die Augen eines unbedarften, stillen Kindes entfalten.

Alina Impe

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