Interview mit Pornofilmer Jürgen Brüning

"Dann ficken sie"


Jürgen Brüning

Jürgen Brüning

Fucking Different XXX„: Acht Kurzfilmepisoden aus unterschiedlichen Städten zum Thema lesbischer, schwuler und Trans-Sex. Jürgen Brüning hat den letzten und ersten explizit-pornografischen Film der „Fucking Different“-Reihe mitproduziert und eine eigene Episode beigesteuert. Wir sprachen mit dem Filmemacher, Festivalleiter (Pornfilmfestival Berlin) und Inhaber der Produktionsfirma Wurstfilm über Grenzgänge in der Pornografie und seinen neuen Film.

Welche Vorgaben gab es für den letzten Teil der „Fucking Different„-Reihe?
Er sollte explizit sein. Deswegen habe ich Filmemacher angesprochen, von denen ich wusste, dass sie künstlerisch arbeiten und kein Problem mit Pornografie haben. Die Jungs sollten eine Lesbenszene und die Frauen eine Schwulenszene machen. Das war bei der Reihe schon immer so. Weitere Vorgaben gab es nicht. Aber das wurde  durchbrochen. Bruce LaBruce hat etwas mit Transmännern und Maria Beatty einen Male to Female gemacht. Das habe ich irgendwie aber auch erwartet.

Erinnern sie sich noch daran, wie es zu der Idee kam, dass Frauen schwulen Sex und Männer lesbischen Sex filmen sollten?

Diese Idee war von Anfang an da. Kristian Petersen hat den ersten Film gemacht, „Fucking Different Berlin„. Wir haben schon viele Filme zusammen realisiert und sein Ausgangspunkt war sehr simpel: In der Lesben- und Schwulenszene wissen wir eigentlich nichts voneinander. Es ging also darum, herauszufinden, was sich schwule Filmemacher unter lesbischer Sexualität vorstellen und was Lesben unter schwuler Sexualität verstehen. Bei „Fucking Different Berlin“ sind alle Kurzfilme narrative Arbeiten, die Klischees aufgreifen, oder dokumentarische Filme. Es gab nichts Explizites. Dann hat Kristian einen Film in New York gemacht. Danach verselbstständigte sich das Projekt. Es folgte ein Film in Tel Aviv und der letzte entstand in São Paulo mit brasilianischen Filmemachern. Bei allen Filmen ging es zwar um Sexualität, aber eben nicht um explizite. Und so wollte er die Reihe mit einem Film abschließen, der tatsächlich Sex zeigt. Er hat dann mich und Manuela Kay gefragt und wir haben gemeinsam ausschließlich Filmemacher angefragt, die schon einmal einen Porno in einem kommerziellen Umfeld gedreht haben. Das Schwierigste dabei war, Darsteller zu finden, die wirklichen Sex vor der Kamera haben wollten.

Warum war das so schwer? Es gibt doch sicher genug Profis im kommerziellen Bereich.
Das Budget für jede der acht Episoden war sehr klein und dementsprechend waren die Produktionsbedingungen. Die meisten Filmemacher haben ihre Filme selbst geschnitten. Im normalen Schwulenporno beläuft sich die Gage für nur eine Szene pro Darsteller auf mindestens 300 Euro. Und dann wollte etwa Emilie Jouvet für ihren Film nur junge Typen haben. Und die sind häufig unzuverlässig. Man muss Überzeugungsarbeit leisten, weil es ein künstlerisches Projekt ist, bei dem es nicht  viel Geld gibt. Und dann müssen sich die Darsteller auch gefallen. Es soll ja niemand etwas machen, was er nicht will.

Sie kommen aus einem Bereich, in dem sich Kunst und Sexualität kreuzen. Sie leiten zudem eine eigene Produktionsfirma mit dem schönen Namen Wurstfilm. Wo befinden sich bei ihnen die Schnittstellen zum kommerziellen Porno?
Porno ist ein schwieriges Feld, denn Wurstfilm ist kommerziell, anderseits aber auch nicht. Wir wollen eigentlich gar nicht so viele Pornos drehen. Entstanden ist die Firma nur, weil wir Filme gemacht haben, in denen Sex vorkam, den sehr viele Leute gut fanden, wie etwa die Filme mit Bruce. 1996 haben wir dann einen „wirklichen“ Porno gemacht, so, wie wir es wollten. Davor gab es in Deutschland nur zwei Pornoklitschen, die ausschließlich Filme wegen des Geldes gemacht haben. Im kommerziellen Bereich muss man ja ständig etwas produzieren, wenn es die Leute gut finden. Am Anfang haben wir dann immerhin sechs Filme im Jahr gedreht. Kommerzielle Firmen wie etwa Inflagranti  drehen zwölf Filme im Monat! Da kann man sich vorstellen, was letztlich dabei herauskommt.

Stereotypen?
Genau. Ständig wird ein und dasselbe wiederholt. In der Branche gibt es Tabus, wie im normalen Leben auch. Pornodarsteller müssen einem gewissen Schönheitsideal entsprechen. Frauen müssen dicke Titten haben, fußballgroß am besten – und im Hetereo-Bereich dürfen Männer nichts miteinander machen, weil es dann als schwul gilt.

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