Interview mit Nomadenkino-Macher Werner Kantor

Filme wandern durch die Hauptstadt


Die TK 35 im Einsatz im Stattbad Wedding

Die TK 35 im Einsatz im Stattbad Wedding

Vor zwölf Jahren brach der gebürtige Bayer, Werner Kantor, zum Freiwilligen Sozialen Jahr nach Moskau auf. Im Anschluss folgte er seiner Liebe und den WG-Freunden nach Berlin. Die Rückkehr in die bayrische Saturierteit kam für ihn nicht in Frage. Eine Vertretung für eine Freundin im Bereich Lichtset brachte ihn zur filmArche und schließlich zur Gründung des Nomandenkinos, das er seit 2010 leitet.

Was war deine Initialzündung für das Nomadenkino?
Begonnen hat eigentlich alles mit b-ware, dem Ladenkino, dem Label Cinema Surreal und Paolo da Senhora, dem Gründer von all dem. Das Ladenkino ist so ein Laden mit Schaukelsofas, Hochbetten drinnen und DVD-Kino. Das war aber kein so durchstrukturierter Kinobetrieb, sondern es gab legale Vorführungen mit Kinokartenverkauf. Im Sommer haben wir dann zusammen OpenAir Kino gemacht in der Bar 25 oder auf dem Badeschiff. Irgendwann wollten wir dann aber von den digitalen Projektionen weg und 35 mm vorführen. So kamen wir 2008 dazu, uns eine TK 35 zu kaufen, die kleinste mögliche 35-mm-Maschine. Daran haben wir uns dann selber ausprobiert.

Du hast vorher nie 35-mm-Filme vorgeführt?
Nein. Aber es gab da so einen Bekannten von Paolo, der schon mal Autokino gemacht hatte. Von dem hab ich mir das dann angeeignet. So haben wir dann das Sommerkino auf dem Badeschiff gemacht. Danach wurde das Ladenkino auf 35 mm ausgerüstet. Irgendwann hab ich mich dann aber selbständig gemacht, weil ich mich unabhängig machen wollte mit einem eigenen Programm und weil ich die Spielorte mir selber aussuchen wollte, um mit Subkulturen oder Projekten in Kontakt zu kommen. Zu der Zeit steckte ich gerade auch in meiner Ausbildung zum Kameramann bei der filmArche. 2010 hatte ich dann aber begriffen, dass ich meine Ausbildung und meine Filmprojekte zusammen mit b-ware und dem Kinobetrieb nicht machen kann. Das ging parallel einfach nicht. Vorher hatte ich auch noch einen Pflegejob, weil die anderen Sachen kein Geld brachten. Aber das ging alles zusammen nicht gut. Deshalb hab ich mich dann für eine Sache, für das „Nomadenkino“ entschieden. Wenn Zeit und Geld so in Balance gewesen wären, wie damals etwa bei dem Pflegejob, dann hätte alles zusammen funktioniert. Aber das war halt leider nicht so. Das ist das No-Budget-Problem hier.

Was ist der Anreiz als Nomade, mit Filmen durch die Stadt zu ziehen?
Die Spontanität und die Freiheit an dem Projekt haben mich gereizt. Es gibt Orte in Berlin, die mich interessieren. Da wollte ich außergewöhnliche Filme zeigen, Filme, die mir persönlich gefallen. Die Locations sollen dem Film angepasst sein und vor allem dem Publikum, das dorthin kommt, wenn ich zum Beispiel einen Sergei Paradschanow zeige. Im Ladenkino wäre niemand gekommen, wenn ich einen Paradschanow gezeigt hätte. Aber in einer Galerie sieht das schon anders aus. Das war meine Idee.

Im Moment spielst Du eher regelmäßig an festen Spielorten, darunter die Markthalle IX, das Kater Holzig, Zinema und im ehemaligen DDR-Kosmetiksalon Babette.
Ja, die Möglichkeiten stehen mir da noch nicht so frei. Dazu bin ich noch zu unbekannt. Deshalb gibt es erstmal feste Locations für das jeweilige Publikum dort vor Ort. Im Dezember 2010 hatte ich aber auch schon die Gelegenheit an einem anderen Ort, dem Stadtbad Mitte, Filme vorzuführen. Aber die Leute sind auch aufgerufen, mir andere Orte vorzuschlagen.

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