41. sehsüchte in Potsdam

Sehsüchte erfüllen mit der S-Bahn


Filmszene: "Das letzte Kapitel"

Filmszene: "Das letzte Kapitel"

Vor drei Jahren gab es einen Spot im TV, in dem Nora Tschirner und Florian Lukas sichtlich verwirrt mit einer Limousine am Potsdamer Platz vorfahren und feststellen müssen, dass sie irgendwie fälschlicherweise auf der Berlinale gelandet sind, dabei wollten sie doch ganz woanders hin. Daher hier nochmal zum Mitschreiben: Das sehsüchte Festival findet, wie eh und je, in Potsdam statt. Potsdam, nicht Berlin.

Mit einer 41-jährigen Erfolgsgeschichte muss sich das größte internationale Studentenfestival Europas vermutlich keine Sorgen um seine Besucherzahlen machen, haben doch in den vergangenen Jahren jeweils um die 6000 Filmliebhaber den Weg in die Brandenburger Landeshauptstadt gefunden. Vom 24. bis 29. April liefert das Festival ein straffes Lineup bestehend aus insgesamt 130 internationalen Filmen, darunter 93 Wettbewerbsbeiträge, die allesamt  vor Ort in den Thalia Programmkinos gezeigt werden. Den Löwenanteil macht hierbei allein schon das reguläre Programm mit 89 Filmen aus, in dessen Sparten Animation, Dokumentation und Spielfilm Themen wie Altern und Sterben eine große Rolle spielen – ein Gedanke, der sich bei Filmtiteln wie „Das letzte Kapitel“ oder „Wir sterben“ unweigerlich aufdrängt.

Dazu gesellen sich jedoch noch andere Sektionen wie zum Beispiel der Fokus, der sich dieses Jahr dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben hat. Da der Begriff sich dieser Tage besonders bei Politikern großer Beliebtheit erfreut, will die Sektion mit insgesamt acht Filmen auf die verschiedenen Bedeutungsdimensionen von Nachhaltigkeit aufmerksam machen. Für die kleinsten Festivalgänger hält Sehsüchte mit der Sektion Kinderfilm weitere zehn Wettbewerbsbeiträge bereit und kann dieses Jahr erstmalig auch mit einem Jugendfilmblock aufwarten. Zu den Kinderfilmen zählt unter anderem der Kurzfilm „Julian„, dessen Protagonist als ausgebuffte Petze bereits die Berlinale-Zuschauer amüsierte, oder auch der Beitrag „Mia und der Minotaurus„, ein mit Animationseffekten unterfüttertes Geschwisterdrama, das sicherlich Kinderherzen höher schlagen lässt. Außerdem buhlen dieses Jahr sechs Filme um den Produzentenpreis, darunter eine Geschichte über die offensichtlich störanfällige Welt der rechtsradikalen Marisa mit dem Titel „Kriegerin„. David Wnendts Debütfilm lief bereits sehr erfolgreich auf nationalen Festivals und konnte im letzten Jahr einen Preis beim First Steps Award einheimsen. (Hier unsere Filmkritik) Fans von Klassikern des deutschen 90er-Jahre-Kinos können sich darüber hinaus über eine Retrospektive zu Doris Dörrie freuen und bei den Screenings von „Erleuchtung garantiert“ oder „Bin ich schön?“ in Erinnerungen schwelgen. Einen Rückblick gewährt das Festival auch auf das Schaffen von Jörg Buttgereit, der mit Filmen wie „Nekromantik“ und „Schramm“ einer der wenigen deutschen Regisseure ist, die sich erfolgreich im Horrorgenre betätigen.

Während Dörrie und Buttgereit schon vor langer Zeit die Filmkarriereleiter hinaufgestiegen sind, will Sehsüchte mit den Programmpunkten Drehbuchpreis und Pitch! jedoch auch dem Nachwuchs die Möglichkeit geben, sein Talent auf dem Papier und in Workshops zu demonstrieren. Ein umfangreiches Rahmenprogramm bestehend aus Eröffnungs- und Abschlussparty, Preisverleihung, Filmquiz und Frühstückskino sorgen dafür, dass die Investition in ein S-Bahn-Ticket nach Potsdam sich lohnen wird. Das hat Frau Tschirner, die dieses Jahr in der Spielfilmjury sitzt, im damaligen Spot übrigens auch schon erkannt.

Alina Impe

41. sehsüchte, 24. bis 29 April, Thalia Kinos Potsdam, Programm unter www.sehsuechte.de

INTERVIEW MIT VIER DER DIESJÄHRIGEN ORGANISATOREN