Conny Ziesche und Tim Fehlbaum im Gespräch

Hochdotierte Annerkennung von Kollegen


Cooky Ziesche verbindet eine lange und enge Arbeitsbeziehung mit Andreas Dresen. Bei dem Drama "Willenbrock" (2005) und der Komödie "Whisky mit Wodka" fungierte sie als auch als Produzentin. Foto: henschel SCHAUSPIEL

Cooky Ziesche verbindet eine lange und enge Arbeitsbeziehung mit Andreas Dresen. Bei dem Drama "Willenbrock" (2005) und der Komödie "Whisky mit Wodka" fungierte sie als auch als Produzentin. Foto: henschel SCHAUSPIEL

Am 27. April vergibt die Jury der Deutschen Filmakademie, deren Mitglieder aus der deutschen Filmbranche stammen, den Deutschen Filmpreis – die LOLA. Unter den nominierten befinden sich unter anderem Cooky Ziesche, Drehbuchautorin von Andreas Dresens Drama „Halt auf freier Strecke“ und Tim Fehlbaum mit seinem apokalyptischen Kannibalen-Film „Hell„. Im Interview sprechen die beiden über ungewöhnliche Filmstoffe, die alljährliche Diskussion um die Nominierungen des höchstdotierten, deutschen Filmpreises und den Siegeszug der Komödie im deutschen Film.

Cooky Ziesche, Sie sind zusammen mit Andreas Dresen in der Kategorie „Bestes Drehbuch“ für den Film „Halt auf freier Strecke“ nominiert, genau wie Tim Fehlbaum für „Hell“ in der Kategorie „Programmfüllender Spielfilm“. Sind die Nominierungen ein geeignetes Abbild der derzeitigen Filmlandschaft?
Cooky Ziesche: Ich bin eher der klassische Kinogänger und sehe daher nur ausgesuchte Filme, in dem Sinne ist dieses Jahr ein guter Jahrgang. Ich finde es lediglich schade, dass „Vaterlandsverräter“ (2011, Regie: Annekatrin Hendel) in der Kategorie Dokumentarfilm nicht nominiert wurde, aber im Spielfilmbereich habe ich das Gefühl, dass die Filme, die mich bewegt haben, auch alle dabei sind.
Tim Fehlbaum: Ich weiß gar nicht, ob ich das beurteilen kann, wie der deutsche Filmpreis die deutsche Filmlandschaft widerspiegelt. Ich finde es höchstens schade, dass einige Filme von Regiekollegen nicht nominiert wurden, die wie ich gerade ihren ersten Spielfilm gemacht haben und und eigentlich auch berücksichtigt hätten werden können. Mit „Halt auf freier Strecke“ und „Barbara“ sind aber die richtigen Filme ausgesucht worden.

Frau Ziesche, Sie sind ja schon seit mehr als zwanzig Jahren Dramaturgin, haben schon oft mit Andreas Dresen zusammengearbeitet und kennen die nicht ganz einfache Konstellation von Dramaturgie, Redaktion, Regie und Produktion, wenn es um Stoffentwicklung geht. Wie haben sich die Stoffe im Laufe der Zeit verändert, welche Entwicklung sehen Sie da?
Cooky Ziesche: Oh Gott, eine tiefgreifende Frage, über die man im Alltag natürlich nicht ständig Rechenschaft ablegt. Ich glaube, es gibt immer wieder Wellenbewegungen. In den Neunzigern gab es den großen Kinoerfolg von „Der bewegte Mann“ (1994), danach ist man mehr in die Komödienrichtung gegangen. Es gab mehr Filme im Mainstream. Dann kam die Berliner Schule und es wurde sozialer, psychologischer und mit einem anderen ästhetischen Zugriff erzählt. Ich glaube aber, dass diese Bewegung jetzt wieder abklingt. Die Berliner Schule ist auch irgendwie in eine Sackgasse geraten. Man ist wieder an einen Punkt gekommen, wo es nicht mehr weitergeht, eine ganz interessante Phase, in der alle so ein so bisschen unglücklich sind, suchend – nicht verzweifelt, aber irritiert, weil es an der Kinokasse nicht mehr so richtig funktioniert. Til Schweiger ist eigentlich der einzige, der konstant mit seinen Komödien an der Kasse Erfolge erzielt. Als  Redakteurin merke ich, dass die Suche nach Komödienstoffen wieder ganz aktuell wird. Man versucht Alltag im Rahmen einer Komödie abzubilden, weil das einfach leichter zu konsumieren ist.

Bei Ihren Filmen kann man nicht gerade von Komödien sprechen, der eine erzählt von einem Mann, der an einem Gehirntumor stirbt, der andere spielt in einer Zeit, in der die Erderwärmung um 10 Grad gestiegen ist und die Leute zu Kannibalen werden. Wo verorten Sie sich beide in der Entwicklung, von der Frau Ziesche gerade gesprochen hat?
Cooky Ziesche: Das heißt ja nicht, dass man es nicht probiert, andere Geschichten zu erzählen. „Halt auf freier Strecke“ ist ja eine Tragikomödie – auch als Lebenshaltung, die die eigene Erfahrung widerspiegelt. Man kann ja nur von dem erzählen, was man in sich hat.
Tim Fehlbaum: Das ist bei mit natürlich anders. Mein Film ist ein fantastischer Film. Eine Apokalypse habe ich selbst noch nicht erlebt … Bei mir ist viel über Recherche gelaufen, der Stoff hat mich einfach fasziniert und basierte auf meinem Kurzfilm, der die Thematik ja schon zum Schwerpunkt hatte.

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