Conny Ziesche und Tim Fehlbaum im Gespräch

Hochdotierte Annerkennung von Kollegen


Tim Fehlbaum studierte bis 2007 an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) und realisierte vor "Hell" mehrere Kurzfilme und Musikvideos für u.a. die Band Blumentopf.

Tim Fehlbaum studierte bis 2007 an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) und realisierte vor "Hell" mehrere Kurzfilme und Musikvideos für u.a. die Band Blumentopf.

Gab es Bedenken bei Ihrem Stoff, Herr Fehlbaum? Wurde Ihnen davon abgeraten, so einen Genrefilm zu machen, weil er wenig Chancen auf Förderung hat?
Tim Fehlbaum: Anfangs schon, da haben mir viele gesagt, das wird schwierig, so was in Deutschland finanziert zu kriegen, weil die Deutschen eben keine Genrefilme oder Horrorfilme aus Deutschland sehen wollen. Und obwohl mein Film nominiert ist, sind die Zuschauerzahlen auch unter den Erwartungen geblieben: Wir sind mit etwa 200 Kopien gestartet und hatten 140 000 Zuschauer. Das ist eindeutig zu wenig. Aber ich könnte trotzdem keine Komödie machen. Ich arbeite auf der Schiene weiter, auf der ich jetzt bin.
Cooky Ziesche: Da habt ihr immerhin mehr als „Halt auf freier Strecke„…

Das Thema digitale Technik spielt bei der Stoffentwicklung eine große Rolle. Bei „Halt auf freier Strecke“ ist es das iPhone, das Milan Peschel benutzt, um die fortschreitende Erkrankung seiner Figur zu dokumentieren. Bei „Hell“ ist es die starke Überbelichtung, die dem Zuschauer immer wieder ins Gesicht schlägt und dem Film einen ganz eigenen Look gibt. Welche Bedeutung hat Filmtechnik für die Entwicklung einer Geschichte?
Cooky Ziesche: Die Einbindung des iPhones in die Geschichte entstand nicht im Stoffentwicklungsprozess, diese Idee hatten Milan und Andreas am Set. Milan hatte sein iPhone dabei und hat da immer rein gesprochen, als kleine Videobotschaft für sich selbst. Aus diesem Spiel heraus brachte Milan die Szenen mit dem iPhone in den Film, was wir alle schön fanden, weil das  Momente waren, die nicht unbedingt mit dem Sterben zu tun hatten, die so dem Zuschauer Zeit geben, die Härte, das Schwere zu verarbeiten. Der dramaturgische Fluss ist an diesen Stellen kurz unterbrochen worden.
Tim Fehlbaum: Bei uns hat sich auch erst am Set vieles entschieden. Die ständige Überbelichtung, die in der Geschichte durch die starke Sonneneinstrahlung hervorgerufen wird, wollten wir eigentlich im Nachhinein mit dem Computer machen, haben aber festgestellt, dass es wesentlich besser funktioniert, wenn wir das entweder mit der tatsächlichen Direkteinstrahlung durch die  Sonne machen oder mit Scheinwerfern, die wir in die Kamera gehalten haben. Da hatte ich ein tolles Team, so dass ich diesen visuellen Effekt wirklich ganz extrem einsetzen konnte. Darum geht es in dem Film: Um die Sonne, die alles kaputt strahlt.

Zurück zur LOLA: Der Preis ist nicht ganz unumstritten. Oft wurde schon kritisiert, dass er seit 2005 von Kollegen vergeben wird. Ist das nicht etwas merkwürdig, wenn man eine so hohe Summe untereinander verteilt? Es geht immerhin um insgesamt drei Millionen Euro…
Tim Fehlbaum: Ich habe mir dazu gar keine Gedanken gemacht, ich freue mich einfach schon allein darüber, dass der Film nominiert ist.
Cooky Ziesche: Dieses Jahr geht es mir nicht so, dass ich mit den Vorschlägen nicht zufrieden bin – aber klar, ich bin ja auch nominiert! Es ist eine große Anerkennung von Kollegen, die man da bekommt und das ist auch wichtig und schön. Ich erinnere mich aber noch gut an „Sommer vorm Balkon“ (2005). Da war auch Andreas Dresen nominiert und parallel dazu „Das Leben der anderen“ von Florian Henckel von Donnersmarck, der  fast alles abgeräumt hat. Und da habe ich mich zum ersten Mal über die Akademieentscheidung geärgert, weil ich mir gewünscht hätte, dass Wolfgang Kohlhaase den Preis für das beste Drehbuch für „Sommer vorm Balkon“ bekommt. Es wäre wirklich eine Würdigung für diesen renommierten und gestandenen Autor gewesen. Das hat mich an diesem Abend sehr traurig gestimmt. Aus diesem Grund bin ich mutig und sage: Ich bin für die Jury. Ich glaube nicht an diesen basisdemokratischen Prozess.

Die Fragen stellte Cosima M. Grohmann

Die Verleihung des Deutschen Filmpreises findet am 27. April im Friedrichstadt-Palast statt.

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