Sommer-Berlinale 2012
Die Sommer-Berlinale der Rebellen
Für all diejenigen, die es im Februar nicht zur Berlinale geschafft haben, zeigt das Festival vom 12. bis 15. Juli im Freiluftkino Friedrichshain vier Filme der letzten Ausgabe, die in den deutschen Kinos noch nicht zu sehen waren. Dieses Jahr feiert die Sommer Berlinale ihr 10. Jubiläum mit hochinteressanten Beiträgen aus den unterschiedlichen Sektionen. Aus der Wettbewerbssektion wird der Gewinner des Silbernen Bären „L’Enfant d’en haut“ („Sister„) von Ursula Meier gezeigt. Ihr Debütfilm „Home„, für den sie u.a. drei César-Nominierungen erhielt, präsentierte sie 2008 in Cannes. In ihren Werken sucht die französisch-schweizerische Regisseurin nach neuen Blickwinkeln und dem Überschreiten der Genrekonventionen, wie sie selbst kommentiert. Zentrale Elemente ihres Debüterfolges „Home“ finden sich auch in ihrem neuen Film wieder, darunter die Thematisierung familiärer Konstellationen und die Verortung der Geschichte in einer eigenartigen und symbolisch aufgeladenen Umgebung. In „L’Enfant d’en haut“ geht es um Simon, ein zwölfjähriger Junge, der mit seiner arbeitslosen, älteren Schwester zusammen wohnt und sein Unterhalt damit verdient, die Skiausrüstung der reichen Urlauber eines Schweizer Skiressorts zu klauen, um sie dann den Leuten unten im Dorf zu verkaufen. Hinter dem Szenario der Klassenunterschiede und der von Kampf und Armut geprägten Schicksale lauert ein gewaltiges Geheimnis zwischen den Geschwistern.
„Parada„, vom serbischen Regisseur Srdjan Dragojevic, wurde bei den 62. Festspielen mit dem Panorama Publikumspreis ausgezeichnet. In den 1990er hat sich Dragojevic bereits mit Filmen wie „Pretty Villages, Pretty Flame“ (1996) und „The Wounds“ (1998) einen Namen gemacht und lösten seinerzeit heftige Kontroversen in der Filmwelt aus, vor allem in Hinblick auf die Stereotypisierung und Konstruktion primitiver Männlichkeit in kriminellen und rückständigen Milieus. Aus dieser Perspektive ist Dragojevics Präsenz auf internationalen Filmfestivals mit „Parada“ besonders interessant. Im Mittelpunkt der Handlung steht Mirko, ein Schwulen-Aktivist, der eine Gay Pride Parade in Serbien organisieren will. Der Regisseur sieht den Film, der in Serbien ein Publikumserfolg war, als eine notwendige politische Intervention gegen eine tief homophobe Gesellschaft.
Der dritte Film der Sommerberlinale ist der Gewinner des „Dialogue en perspective“, der seit 2004 in der Sektion Perspektive Deutsches Kino vergeben wird. „This ain´t California“ (Marten Persiel) spielt im Milieu der selbsternannten Rollbrettfahrer der DDR. Der Film begleitet drei Skater von ihrer Kindheit in den 1970er bis zum Wende-Herbst des Jahres 1989. Individuelle Geschichte und kollektive Erfahrung vermischen sich hier in einem originellen filmischen Experiment, das nicht nur Leben und Alltag in der DDR zeigt, sondern auch die Grenzen fiktionalen und dokumentarischen Erzählens auslotet.
Zum Abschluss wird Slatan Dudows Film „Kuhle Wampe“ (1932) – nach einem Drehbuch von Bertolt Brecht – zu sehen sein. Der Film, der in der Retrospektive gezeigt wurde, ist mittlerweile zu einem Klassiker des sozialistischen und politischen deutschen Kinos geworden. „Kuhle Wampe“ porträtiert in einer Mischung aus Dokumentar-, Spiel- und Propagandafilm das Arbeitermilieu in Berlin nach der Weltwirtschaftskrise von 1929.
Maria Llaveria Caselles
Termine in der Übersicht: