Down Under Berlin-Leiter Clemens Stolzenberg im Gespräch

Immer schon ein Sehnsuchtsort


"Aufgrund der aktuellen Förderstruktur und Kulturpolitik in Berlin können wir nicht damit rechnen, für das gesamte Festival öffentliche Förderungen zu erhalten."

"Aufgrund der aktuellen Förderstruktur und Kulturpolitik in Berlin können wir nicht damit rechnen, für das gesamte Festival öffentliche Förderungen zu erhalten." Foto: Andreas Sohn

Am 13. September geht das noch junge Filmfestival Down Under Berlin in seine zweite Runde. Wir haben uns mit dem Festivalleiter Clemens Stolzenberg über die zweite Ausgabe unterhalten. Im Interview spricht er über das aktuelle Programm, die Schwierigkeit der Organisation und Austrailien als Sehnsuchtsort.

Ihr habt im letzten Jahr sehr erfolgreich Eure Premiere gefeiert. Für Dich war das sicherlich sehr aufregend, Du hast so ein Festival zum ersten Mal organisiert. In der zweiten Ausgabe kann das Festivalteam nun auf Erfahrungswerte bauen. Was hat sich im Gegensatz zum Vorjahr verändert?
Die größte Veränderung im Vergleich zum Vorjahr besteht sicher darin, dass wir in diesem Jahr ein wesentlich umfangreicheres Programm präsentieren können. Mit dem New Talents Showcase zeigen wir die besten Abschlussarbeiten australischer Filmhochschulen – in diesem Jahr aus Sydney, Melbourne und Perth – und für die jungen Festivalbesucher haben wir ein Kinder- und Jugendfilmprogramm zusammengestellt, das im Anschluss an das Festival ins reguläre Schulkinoprogramm des Kino Moviemento aufgenommen wird. Zum ersten Mal zeigen wir nun auch neuseeländisches Kino mit der Folge, dass sich die Reichweite von Down Under Berlin nun auf den australasiatischen Raum ausdehnt. Dabei halten wir nach wie vor an dem Gedanken der Multiperspektivität in der Kulturvermittlung fest, versuchen also australische und neuseeländische Filmkultur aus möglichst vielen Perspektiven in den Blick zu nehmen – und zugleich möglichst viele Perspektiven aus Australien und Neuseeland selbst sichtbar zu machen.

Die aktuelle Festivalausgabe ist verstärkt in Sektionen unterteilt. Was war dafür der Anlass?
Das Ziel von Down Under Berlin ist die Vermittlung von australasiatischer Kultur und Filmkultur: multiperspektivisch, kontextualisiert und nachhaltig. Aus diesem Anspruch ergibt sich die Entscheidung für ein vielfältiges Programm, das unterschiedliche Filmformen, Genres und Perspektiven beinhaltet. Damit diese Vielfalt aber verständlich bleibt, braucht man ein Ordnungsschema, das man zur eigenen Orientierung benutzen kann. Das einem die Übersicht erleichtert und somit ermöglicht, sich tiefergehend mit den einzelnen Filmen auseinanderzusetzen. Nichts anderes ist die Gliederung des Festivalprogramms anhand von Sektionen: Eine Orientierungshilfe für das Publikum, um zu eigenständigen Interpretationen zu kommen.

Ein Festival zu organisieren und es zu finanzieren, das sind zwei sehr unterschiedliche Aspekte. Könnt ihr auf eine öffentliche Förderung bauen?
Aufgrund der aktuellen Förderstruktur und Kulturpolitik in Berlin können wir nicht damit rechnen, für das gesamte Festival öffentliche Förderungen zu erhalten. Vor diesem Hintergrund spielt die Bereitschaft privatwirtschaftlicher Unternehmen, Kulturarbeit zu unterstützen, eine wesentliche Rolle. Dieses Engagement ist ein wesentlicher Pfeiler unabhängiger Kulturarbeit.

Warum ist Frances Hill in den Hintergrund getreten und warum bist Du jetzt Festivaldirektor?
Das ist ein Missverständnis. Frances Hill ist nach wie vor Festivaldirektorin, und ich bin Festivalleiter – auch wenn meine Funktion im Englischen mit „Festival Co-Director“ angegeben wird.

Was ist Deine Affinität zu Australien und speziell zum australischen Film?
Australien war für mich – wie für so viele – immer schon ein Sehnsuchtsort, über den ich zugleich jenseits der gängigen Klischees aber auch sehr wenig wusste. Als Frances und ich uns dann vor zwei Jahren kennen lernten, habe ich die Möglichkeit gesehen, mich intensiver mit Australien und, für mich als Filmwissenschaftler absolut verlockend, mit australischem Film auseinandersetzen zu können. Und dann auch noch ein Filmfestival zu gründen, dass einem erlaubt, den ganzen Tag seinem Hobby nachzugehen – kann es etwas Schöneres geben?

Ihr erkundet mit Eurem Festival reichlich unentdecktes Land, wenn man das so sagen kann. Was gebt ihr Eurem Publikum in diesem Jahr mit auf den Weg?
In aller Kürze: seid neugierig. In dieser Ausgabe des Festivals werdet ihr die Möglichkeit haben, euch direkt mit Filmemachern austauschen zu können und ihnen alle erdenklichen Löcher in den Bauch zu fragen. Die allermeisten Filmemacher, die nicht kommen konnten, haben uns video messages geschickt, in denen sie selbst in ihre Filme einführen und sich vorstellen – und das Publikum einladen, ihnen per Email oder via Facebook ein direktes Feedback zu geben. So viele Möglichkeiten, mit australischen und neuseeländischen Filmemachern in Kontakt zu treten, gab es bisher einfach noch überhaupt nicht. Ein kleines Highlight wird die Filmdiskussion am Sonntag Mittag sein. Da werden die Filmemacher Julian Argus, Siouxzi Mernagh, David Hawkins und Kate Talbot gemeinsam mit den Filmwissenschaftlern Sulgie Lie und Christian Pischel uns und dem Festivalpublikum anhand der Festivalfilme spontane Filmtheorie entwickeln: Live, handfest, und mit viel Lust, australischen und neuseeländischen Film zu entdecken.

Sven Bruelke

Down Under Berlin 13. bis 16. September, Kino Moviemento, www.downunderberlin.de, erste Einblicke ins Programm