Gespräch mit „Kunst+Film“-Macher Oliver Heilwagen


Welchen fachlichen Hintergrund haben Sie in den Sparten Kunst und Film?
Als Journalist bin ich Generalist; ich habe auch über Politik, Wirtschaft und Lokales geschrieben, doch mich schon immer intensiv mit Kunst- und Film-Geschichte beschäftigt. Auf beiden Gebieten bin ich jedoch kein akademischer Fachmann, also auch kein Filmwissenschaftler. Nix gegen dich.

Nichts für ungut.
Ich interessiere mich einfach seit meiner Jugend für Kunst und Filme, aber halte es eher für einen Vorteil, dass ich beides nicht studiert habe: Dadurch vermeide ich Fachchinesisch, das Leser leicht abschreckt. Mir geht es einfach darum, mich geistreich mit Kunst und Filmen zu befassen, aber beides an Erfahrungen aus der Lebenswelt rückzubinden: nicht L´art pour l´art, sondern Kultur als Lebensmittel. Dazu hatte ich in Sachen Autoren-Kino ein richtiges Erweckungserlebnis: Als Zwölfjähriger las ich in der Zeitung, dass ein hoch gelobter Film nachts im Fernsehen ausgestrahlt würde – es war „Stalker“ von Andrej Tarkowski. Ich wusste, dass meine Eltern mir nicht erlauben würden, ihn so spät anzuschauen. Also habe ich heimlich einen kleinen Schwarzweiß-Fernseher angeschaltet, als sie schliefen. Nach dem Film war ich wie elektrisiert: So eine Bildsprache hatte ich noch nie gesehen! Allerdings wusste ich nicht, dass „Stalker“ ein Farbfilm ist – und habe das erst 20 Jahre später erfahren. Ich hielt den Film für schwarz-weiß, weil ich ihn auf einer uralten Glotze gesehen hatte. Nichtsdestoweniger ist Tarkowski bis heute einer meiner Lieblingsregisseure.

Wie steht es um Austausch mit den Lesern? Viele Online-Magazine bieten Kommentar-Funktionen an, um Debatten in Gang zu bringen, aber auf „Kunst+Film“ fehlt dieses Feature.
Wir geben eine Kontakt-Adresse an; jeder kann uns Emails schicken. Kommentar-Funktionen sind meiner Meinung nach nur sinnvoll, wenn die Diskussion moderiert wird. Sonst werden sie von Wirrköpfen zugepostet; vor allem bei bekannten Websites mit großer Reichweite und Leserschaft. Special-Interest-Portale wie „Kunst+Film“ haben ein vergleichsweise kleines Publikum – und die Beiträge sind so voraussetzungsreich, dass nur wenige Leser ihre Meinung dazu beisteuern wollen: Was soll man zu einer Ausstellung oder einem Film sagen, den man selbst noch nicht gesehen hat? Dafür erreichen uns häufiger Emails von Kuratoren, die sich für Rezensionen bedanken oder auch Kritik üben – was ganz normal ist.

Wie wird sich Ihrer Ansicht nach die Medienlandschaft entwickeln?
Die große Zeit der General-Interest-Medien für ein Millionen-Publikum geht zuende. Durch das Internet differenziert sich die Medien-Landschaft immer weiter aus; viele kleine Portale besetzen eine bestimmte Nische. Und die Konsumenten suchen gezielt nach Websites, die ihre ganz persönlichen Interessen bedienen. Deshalb haben gute Online-Portale stärker als früher eine Filter- und Auswahl-Funktion: Sie wählen genau diejenigen Themen aus, die zum Profil ihres Zielpublikums passen. Nur dadurch können sie langfristig eine Stammleserschaft an sich binden und werden nicht von zufälligen Google-Treffern abhängig. Dabei bleiben gute alte journalistische Tugenden weiter wichtig: Hintergrund-Recherche, Fehlerfreiheit und eleganter Stil. Wer so schreibt, wird immer Leser finden – ob in den herkömmlichen oder digitalen Medien. Dabei muss das Layout rasche Orientierung bieten, besonders bei Online-Medien. Überflutung mit visuellen Informationen und Werbe-Bannern vergrault die Nutzer. Deshalb bleibt „Kunst+Film“ bis auf Weiteres werbefrei: Das Portal soll zunächst Leser gewinnen und erst später Geld verdienen.

Wenn Erlöse zweitrangig sind, in welche Richtung soll sich „Kunst+Film“ dann entwickeln?
Wir setzen vor allem auf journalistische Qualität – und veröffentlichen lieber keinen Beitrag als einen schlechten. Dabei orientieren wir uns an Online-Portalen überregionaler Tageszeitungen und ihrem Reflexions-Niveau: Jeder Beitrag soll vielschichtig sein und dem Leser wirklich etwas zu sagen haben – sonst klickt der sofort weiter. Dazu gehört, unparteiisch und kritisch zu berichten: Gefälligkeits-Journalismus braucht niemand. Ich habe für fast alle traditionellen Medien gearbeitet und ihre Krise im letzten Jahrzehnt hautnah mitbekommen – deshalb bin ich überzeugt: Die Zukunft gehört kleinen, spezialisierten Websites wie „berliner-filmfestivals“ oder „Kunst+Film“.

Interview: Alina Impe

www.kunstundfilm.de

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