Rückblick auf das KUKI Festival 2012
3,2,1 - Licht aus, Film ab!
Wann wird schon mal der Filmvorführer im Kino euphorisch bejubelt und beklatscht? Ganz klar: Beim KUKI. Auch beim 5. Internationalen Kurzfilmfestival für Kinder und Jugendliche war das Filmtheater am Friedrichshain wieder fest in Kinderhand und ohne das gemeinsam lauthals gebrüllte Kommando „3, 2, 1 – Licht aus, Film ab!“ ging gar nichts.
Nach dem siebenminütigen Animationsfilm „The Slug And The Snails“ haben die Kinder viele Fragen an die Filmemacherinnen Gwendoline Gamboa und Sylvia Szkiladz, die extra aus Belgien angereist sind. „Warum werden die Schnecken am Ende des Films eingesammelt?“ will eine der kleinen Zuschauerinnen wissen. „Naja, für euch in Deutschland ist das jetzt vielleicht etwas eigenartig“, antworten die Filmemacherinnen mit leicht verlegenem Lächeln. „Aber wir in Belgien essen Schnecken.“ Ein lautes „Iiiiiiih!“ und diverse Ausrufe wie „üargh“, „voll eklig“ und „igittigitt“ sind die unmittelbare Reaktion aus dem mit sechs- bis achtjährigen Kindern gut gefüllten Kinosaal. Doch dann interessiert die kleinen Zuschauer noch viel mehr, wie der Film überhaupt gemacht wurde. Begeistert erzählen die beiden Belgierinnen, wie sie auf dem Flohmarkt kleine Puppenmöbel, bunte Stoffe und ungewöhnliche Gegenstände gesammelt, auf Glasplatten platziert und mit der Kamera abgefilmt haben, um diese Dinge in ihren Animationsfilm einzubauen und die Schneckenhäuser möglichst eindringlich erlebbar zu machen. Überhaupt haben die Kinder viele Fragen zu den Filmen, die ihnen präsentiert werden. Die Filmemacher, die zum KUKI nach Berlin gekommen sind, stehen ihnen dafür Rede und Antwort – für die kleinen Zuschauer ein besonderes Erlebnis. Einzig die Moderation könnte etwas professioneller laufen. Diese ist trotz sympathischer Art doch oft etwas holprig und unorganisiert, was die kleinsten Besucher wahrscheinlich nicht besonders stört, aber bei Jugendlichen, Erwachsenen und auch den Filmemachern auf der Bühne zwischenzeitlich für leichte Irritationen sorgt.
Beim diesjährigen Filmfestival ging es um swingende Wackelzähne, kaputte Lese- und Schwimmbrillen und um jede Menge Süßigkeiten. Aber vor allem ging es um die ganz großen Themen: Freundschaft, Liebe, Hunger, Krankheit, Trauer und Tod. Wer jetzt denkt: „Das überfordert Kinder doch total“, der unterschätzt den Nachwuchs. Auf dem KUKI zeigte sich, dass gerade die vermeintlich schwierigen Themen das Interesse der kleinen Zuschauer auf sich ziehen können – vorausgesetzt, sie sind gut gemacht und lassen die Kinder am Ende nicht im Regen stehen. „Es gibt keine Tabuthemen bei Kinderfilmen“, bestätigte uns Festivalleiterin Monica Koshka-Stein bereits im Interview. „Aber was gar nicht geht, ist ein offenes Ende, das einen hoffnungslosen, deprimierenden Eindruck hinterlässt.“ So lässt sich auch das Wettbewerbsprogramm für Kinder ab zehn Jahren besser verstehen, das insgesamt eine recht düstere Grundstimmung vermittelt. Die meisten der sechs Filme hinterlassen den Eindruck, dass Kinder sich täglich in einer kalten, ungerechten Welt durchbeißen müssen. Aber sie zeigen eben auch, wie toll Kinder schwierige Situationen meistern.
http://www.youtube.com/watch?v=44eX8JshowE
Da ist die Vater-Sohn-Geschichte „Paper Hearts„: Ein kleiner, wütender Junge, der mit seinem Vater, den er offensichtlich selten sieht, ziellos durch die Straßen zieht, und schließlich eine erschütternde Entdeckung macht: Sein Vater ist obdachlos. Das Kinder stärker sind, als Erwachsene oft glauben, zeigt sich an der Reaktion des Jungen in diesem berührenden Kurzfilm. In „A good thing“ geht es um einen äthiopischen Jungen, der mit seinen Familie in Israel lebt und sich hier alles andere als willkommen fühlt. Um jeden Preis will er zurück in sein Heimatland, doch es kommt ganz anders. Und auch die pummelige Hauptprotagonistin in „Swimsuit 46“ hat es nicht leicht: Sie wird von anderen Kindern und sogar von der eigenen Familie gehänselt. Dass in der Kategorie „Bester Kinderfilm“ einer der wenigen Film, bei dem herzhaft gelacht wurde, den Hauptpreis gewonnen hat, liegt sicherlich vor allem an der Qualität von „Julian“ selbst, der augenzwinkernd eine völlig frei erfundene Schulstunde aus dem Leben eine berühmten Internet-Aktivisten zeigt und schon auf der Berlinale 2012 begeisterte.