Filmkritiken: Unknown Pleasures 2013


"Zero Dark Thirty" von Kathryn Bigelow; Foto: Unkown Pleasures

"Zero Dark Thirty" von Kathryn Bigelow; Foto: Unkown Pleasures

Es wurde lackiert. Die Mythen, die Erzählungen, die gegenseitige Versicherung als Filmnation Nummer eins. Die fünfte Ausgabe des Unknown Pleasures legt im Vergleich zum Vorgängerjahr nochmal eine Schippe drauf. Die buchstäbliche Erschütterung der Vereinigten Staaten durch die Anschläge von Nine-Eleven mündet elf Jahre später in dem Gender-Krimi „Zero Dark Thirty„. Das ist nicht zuletzt soziologisch interessant, da immerhin weite Teile der USA und der westlichen Welt hier nicht nur ihre Solidarität mit den Opfern bekundeten, sondern auf einen Schlag auch wussten, dass das Ende der Geschichte, so wie Francis Fukuyama es sich Anfang der 1990er vorstellte, wohl doch nicht eingetreten ist. Es gibt ein Außerhalb unseres Kulturkreises. Selbstredend gab es ein Außerhalb schon immer und selbstredend wird uns ein Außerhalb als Feindbild sublimiert. Über Sublimierungen, architektonische Sperenzien und den profanen Mindfuck weiß „Room 237“ einiges zu berichten. So hält das Unwirkliche die Menschen mit ihrem Bewusstsein, mit ihren Bedürfnissen und ihrer individuellen wie kollektiven Identität in seinem Bann. „The We and the I“ geht der ganzen Sache nach und muss so mit clearasil-tauglichen Bildern das kleine Glück und die großen Träume verhandeln. Der theoretische und praktische Weg zur Wirklichkeit ist vielfach gefilmt und beschritten worden. Es war ein immer anderer Weg. Kino kann als Entdeckungsgeschichte des Landes Nirgendwo dargellt werden und das Publikum des Unknown Pleasures Festival ist, so heterogen es sich präsentiert, immer neugierig geblieben. Keine Klatschaffen. Keine Popcornschlachten.  Hier kommen Leute zusammen, die mit dem Medium Film tagtäglich zu tun haben wollen. Auch wenn die vielen Leitartikel ausbleiben, da der Konformismus seine Essstörungen überwunden hat und umso gefrässiger alles einmal durchkaut und dann hinunterschluckt, ist das Festival zum Jahresbeginn, das dem multiplex-fernen US-Kino eine Heimat bietet, mittlerweile zu einer Pflichtveranstaltung geworden. Es dürfen gerne weitere fünf Ausgaben folgen.

Joris J.

FILMKRITIKEN:

Django Unchained“ von Quentin Tarantino War „Inglourious Basterds“ nach Angaben von Eli Roth ein „kosher porn“, so ist „Django Unchained“ ein kraut porn.

The Color Wheel“ von Alex Ross Perry Zwei, die sich hassen, wagen eine Reise.

Welcome to Pine Hill“ von Keith Miller Shannon befindet sich auf dem Weg der Läuterung

4:44 Last Day on Earth“ von Abel Ferrara Der Mensch bleibt eben einfach nur ein Mensch, auch wenn die Welt untergeht.

Dark Horse“ von Todd Solondz Die Lieblosigkeit ist der perfekte Nährboden für Abes charakterliche Defizite.

The We and the I“ von Michel Gondry Der Thron des Schulbusses ist die Rückbank.

„Zero Dark Thirty“ von Kathryn Bigelow Maya-Nichtgläubige in Maya-Gläubige verwandeln.

„Tchoupitoulas“ von Bill und Turner Ross Eine Nacht im Leben dreier heranwachsender Brüder.

Room 237“ von Rodney Ascher Das Overlook Hotel wird Einstellung für Einstellung untersucht.