Türkische Filmwoche Berlin 2013 im Colosseum

Gegenwart und Zukunft


 "Şimdiki Zaman": Mina - auf der Suche nach dem bisschen Lebensglück.

"Şimdiki Zaman": Mina - auf der Suche nach dem bisschen Lebensglück.

Berlin besitzt außerhalb der Türkei die größte türkische Gemeinde in Europa. Über einhunderttausend Türken leben hier. Im Kulturkosmos der Stadt sollte das eine anschauliche Größe sein. Doch man stößt, um mal direkt beim Kino anzusetzen, viel zu selten auf türkische Filme. Und das, wo doch das Zelluloid im Land am Bosporus eine fast hundertjährige Tradition besitzt und türkische Filme in den letzten Jahren auf internationalen Festivals große Aufmerksamkeit erhielten – man denke etwa an den Goldenen Bären für Semih Kaplanoğlus „Bal“ oder Emin Alpers abgründiges Familienporträt „Beyond The Hill„.

In Deutschland erhält der türkische Film maßgeblich Aufmerksamkeit durch Fatih Akin. Ein Solitär und Grenzwandler, der in seinen Arbeiten einerseits seine Wurzeln (Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul„) beleuchtet, in dem sich aber gleichwohl türkische und deutsche Identität mischen („Gegen die Wand„). Akins letzter Film, die Dokumentation „Müll im Garten Eden„, war überdies einer der wenigen „deutschen“ Beiträge im letztjährigen Festivalprogramm von Cannes.

Die Türkische Filmwoche in Berlin, die vom 16. bis 24. März im Colosseum gastiert, stellt alljährlich neue Produktionen vor, widmet sich aber auch immer wieder eben solchen Grenzgängern wie Fatih Akin oder Feo Aladağ („Die Fremde„), die in ihren Filmen deutsch-türkische Themen verarbeiten. Akins „Müll im Garten Eden„, hier unser Interview mit dem Regisseur, läuft im diesjährigen Programm. Mit der Zeit hat sich das Festival so zu einer interkulturellen Veranstaltung gemausert, die den Austausch und die politische Debatte zwischen Deutschland und der Türkei fördert und einen wichtigen Baustein zur gesellschaftlichen Partizipation von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund darstellt. Das Kino ist für diesen Transfer der richtige Ort, zeichnet sich das türkische Kino doch gerade heute durch eine im internationalen Vergleich einzigartige ästhetische und inhaltliche Vielfalt aus. Immer wieder überraschen türkische Filmemacher wie Emin Alper nicht nur mit ungewöhnlichen dramaturgischen Konzepten, sondern auch mit einer kompromisslosen Offenheit, mit der sie gesellschaftliche Brüche wie innerfamiliäre Gewalt, Frauenrollen und Homophobie ansprechen.

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