Filme von Terrence Malick im Kino Arsenal

Wie kam das Böse in die Welt?


Terrence Malick ist ein Filmkünstler, der sich stets den ideologischen und kommerziellen Zwängen der amerikanischen Filmindustrie entzog und noch immer konsequent Auftragsarbeiten ablehnt. Seine Filme realisiert er nur, wenn ihm die absolute künstlerische Kontrolle über das Projekt obliegt. Doch Malicks Filme sind keine leichte Filmkost – und wenn man seiner Arbeit nicht chronologisch folgt, passiert es ganz schnell, dass man im Kinosessel in einer „poetische Collage von akustischen und visuellen Stimmungen“ verlorengeht. Es sei ans Herz gelegt, sich den Filmen in ihrer Erscheinungsweise zu widmen. Leider zeigt das Arsenal die Filme in achronologischer Reihenfolge – und so braucht es Geduld, Malicks Reflexionen über das Leben und das menschliche Sein in so ganz unterschiedlichen Genres wie Roadmovie, Melodram, Kriegs- oder Abenteuerfilm zu folgen und sich auf dessen philosophische Filmfaszinosum einzulassen.

Bereits in Malicks Kinodebüt „Badlands„, das im Oktober 1973 Premiere auf dem New Yorker Filmfest feierte, zeichnet sich die unverkennbare Handschrift des Regisseurs ab. Angelehnt an den authentischen Fall Starkweather und Fugate aus dem Jahr 1958 wird die Geschichte des jungen Müllarbeiters Kit (Martin Sheen) erzählt, der ziellos durch die Gegend streift und sich für James Dean höchstpersönlich hält. Die 15jährige, zurückhaltende Schülerin Holly (Sissy Spacek) ist fasziniert von dem gut zehn Jahre älteren Herumstreuner und schließt sich ihm an. Als Hollys Vater sich gegen die Beziehung stellt, erschießt ihn Kit. Auf der Flucht des Paares sterben weitere Menschen, bis ihr Trip in einer wüstenhaften Landschaft im Norden Amerikas, dem titelgebenden Badland, endet. Anmutenden Landschaftspanoramen stellt Malick die Gefühlswelt seiner Protagonisten filmisch gegenüber. Immer wieder zeigt er verfallene Häuser, lässt die Kamera auf der kahlen Einöde verweilen. Die Aufnahmen der waldigen Idylle, wo Kit und Holly Zuflucht suchen, das klare Wasser des Flusses kontrastieren das soziopathische Verhalten des James Dean-Verschnitts. Aus dem Off kommentiert Spacek mit zarter Stimme die brutalen Geschehnisse, wenngleich Malick zu jeder Zeit darauf verzichtet, die Gewalt explizit zu zeigen. Stattdessen verleiht Hollys romantisch verklärte Sicht und die von Malick immer wieder faszinierend eingefangene Kargheit der Natur der sinnlosen Gewaltorgie des jungen Paares eine seltsame bis unangenehme Eindringlichkeit.

Malick zählt zu den US-Regisseuren des sogenannten „New Hollywood“, die eine Vorliebe für eindrückliche Landschaftspanoramen und sorgfältig arrangierte Bildkompositionen teilen. Malicks Interesse an intensiven Bilderlebnissen setzt sich so auch in seiner zweiten Regiearbeit „In der Glut des Südens“ bemerkenswert fort. Die komplexe Dreiecksgeschichte mit Richard Gere, Brooke Adams und Sam Shepard siedelt er im Jahr 1916 an. Der junge Stahlarbeiter Bill lehnt sich gewaltsam gegen die Ausbeutung im Werk auf und erschlägt seinen Vorarbeiter. Gemeinsam mit seiner zwölfjährigen Schwester Linda und seiner Freundin Abby flieht er in den Süden. In Texas finden sie Arbeit als Erntehelfer bei einem reichen Farmer, der sich in Abby verliebt. In wohlüberlegten Bildern verknüpft Malick den industriellen Mief des überfüllten Chicagos jener Zeit mit der Weite der texanischen Prärie. Aus dem Off erläutert die junge Linda das Beziehungsdrama und die heftige Rivalität, die zwischen den beiden Männern im Kampf um die Gunst Abbys entfacht und die auch nicht vor Gewalt zurückschrecken. Wie schon in seinem Erstlingswerk und in den Filmen, die zwei Jahrzehnte später folgen, ist „In der Glut des Südens“ trotz seiner bildlichen Schönheit – Kameramann Nestor Almendros wurde 1978 mit dem Oscar für die Beste Kameraarbeit ausgezeichnet – und Malicks unverkennbarem Geschick, diese Bilder mit seinen Reflexionen über das Leben und die von Sinnsuche, Kampf und Zerstörung geprägte menschliche Natur zu verknüpfen ein aufwühlendes Melodram.

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