Kinder machen Kurzfilm! – Interview
"Die Vorstellung, dass Projekte, die sich einmal etabliert haben, schon irgendwie von alleine laufen, ist eine Illusion"
Stichwort Crowdfunding – wäre das nicht eine gute Möglichkeit, die für „Kinder machen Kurzfilm!“ funktionieren könnte?
Als wir den ersten Schreck durch die Absage des Projektfonds ein bisschen verdaut hatten, haben wir in einer großen Mailaktion alle unsere Kontakte um Hilfe gebeten. Von vielen Seiten kam dann die Idee: Macht doch Crowdfunding! Aber ich bin da skeptisch. Für bestimmte Dinge funktioniert dieses System, aber ich lege mehr Wert auf stabile, verlässliche Kontakte. Und, ganz ehrlich, ich kenne niemanden, der schon einmal über Crowdfunding Geld gespendet hat. Dass wir sofort etwas unternehmen müssen, um unsere große finanzielle Lücke zu stopfen, war klar. Meiner Kollegin Anja Stanislawski-Foest, organisatiorische Projektleiterin und Produktionsleiterin bei „Kinder machen Kurzfilm!“, fiel der plakative Name „100 mal 100“ für einen Spendenaufruf ein, das war gleich griffig. Wir haben das dann spontan umgesetzt. Da wir als Verein ja Spendenbescheinigungen ausstellen dürfen, war das auch kein Problem. Gleichzeitig wird jeder Spender Mitglied in unserem Freundeskreis, den wir seit einiger Zeit haben.
Wie läuft die Aktion bisher?
Wir haben die Spendenaktion „100 mal 100 in 100 Tagen“ genannt, was natürlich einen zeitlichen Rahmen vorgibt. Wir sind ungünstig gestartet – voll im Sommerloch. Aber jedes weitere Aufschieben erschien uns genauso ungünstig. Die Zeit läuft uns davon – in den Herbstferien wollen zwei Filme produziert werden. Die Aktion läuft jetzt zirka 30 Tage und wir haben um die 2.000 Euro gespendet bekommen. Ob wir die anvisierten 10.000 Euro auf diesem Wege zusammen bekommen, weiß ich nicht. Aber jeder Euro hilft uns derzeit und wir freuen uns über jede Familie, Firma oder Einzelperson, die uns unterstützt.
Und gibt es neben dieser Aktion auch noch andere Anstrengungen? Denn eigentlich fehlt ja noch mehr Geld…
Stimmt. Es ist ja so, dass unser Kosten- und Finanzierungsplan auf verschiedene Förderer setzt und wir auch 2013 wieder einen Antrag bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg gestellt hatten. Die Förderzusage hatten wir dann auch schon im März in der Tasche – für Berlin 18.000 und für Schwedt 16.000 Euro. Laut den Richtlinien können wir diese Mittel aber nur abrufen, wenn wir die gleiche Summe noch einmal akquirieren. Nach den besagten Absagen im Mai/Juni war es eine riesige Kraftanstrengung, andere Förderer, Stiftungen, öffentliche Gelder auf die Schnelle aufzutreiben, denn dass wir die Riesensumme nicht allein über Spenden reinholen konnten war klar. Aber dann sprang das Medienboard Berlin-Brandenburg ein, die Rudolf-Augstein-Stiftung und die Kulturallianzen (eine Initiative der Allianz Kulturstiftung); wir erhielten eine Zusage des Deutschen Kinderhilfswerks für Brandenburg und Hilfe von verschiedenen Schwedter Institutionen und Vereinen, allen voran die Stadtwerke, die uns auch letztes Jahr schon gefördert haben. Eins war immer klar: Wir wollen nicht aufgeben – denn wir können den Kindern nicht sagen: „Sorry, eure Arbeit bisher war umsonst, es wird leider nichts.“ Das geht gar nicht. Mittlerweile haben wir die fehlenden 50 Prozent, um die Mittel der Medienanstalt Berlin-Brandenburg abzurufen auch mehr oder weniger zusammen. Aber unser aktuelles Budget liegt noch weit hinter unserem eigentlichen Bedarf und deshalb hoffen wir auch auf weitere Spenden durch unsere Aktion „100 mal 100 in 100 Tagen“.
Was ist denn das Worst-Case-Szenario?
Im schlimmsten Falle müssen wir mit den wenigen Geldern arbeiten, die wir bislang haben. Abgeblasen wird die aktuelle Produktion in keinem Fall. Im August werden wir mal einen Schnitt machen und realistisch einschätzen, welche Mittel wir zur Verfügung haben und welche Honorare wir bezahlen können. Ich hoffe nicht, dass uns dann Kollegen wegen eigentlich unzumutbaren Honoraren abspringen, aber verstehen könnte ich es durchaus. Und wenn wir Ende diesen Jahres anhand der Rückmeldungen auf laufende Anträge bereits absehen können, dass wir 2014 keine finanzielle Basis haben, auf der wir aufbauen können, könnte 2013 tatsächlich das letzte Jahr gewesen sein. Zumindest für Berlin, denn hier haben wir langsam alle potentiellen Anlaufstellen auf öffentliche Förderung ausgeschöpft. Wir wollen das Projekt aber unbedingt in Berlin fortführen, das ist unser Heimatanker.
Zwischenzeitlich war auch mal angedacht, das Projekt ausgehend von Berlin bundesweit aufzuziehen – da steckt so viel Potential drin, dass es für Kinder in ganz Deutschland attraktiv ist. In Schwedt wurde das Projekt letztes Jahr ja bereits toll aufgenommen, der Bedarf an sozialen Projekten für Kinder ist in Brandenburg und generell im ländlichen Raum besonders hoch. Das würden wir natürlich auch gerne vertiefen und tun es ja dieses Jahr bereits. Dass es immer wieder am Geld scheitert, ist so unglaublich schade. Die große Frage ist doch: Wie viel ist der Gesellschaft Bildung wert? Viel, würde ich meinen, immerhin reden alle davon. Aber dann muss dafür auch Geld in die Hand genommen werden.