Kinder machen Kurzfilm! – Interview

"Die Vorstellung, dass Projekte, die sich einmal etabliert haben, schon irgendwie von alleine laufen, ist eine Illusion"


Kinder machen Kurzfilm: Am Filmset von "Die magischen Boxhandschuhe" (2010).

Kinder machen Kurzfilm: Am Filmset von "Die magischen Boxhandschuhe" (2010).

Was müsste sich denn an der aktuellen Situation ändern, damit Projekte wie „Kinder machen Kurzfilm!“ nachhaltig realisiert werden können?
Schwierige Frage. Im europäischen Vergleich gesehen jammern wir natürlich auf hohem Niveau, denn an sich sind die Fördermöglichkeiten in Deutschland ja recht gut. An manchen Stellen sind sie aber einfach nicht richtig durchdacht. Diese Mär von der Anschubfinanzierung ist totaler Quatsch. Soziale Projekte, für die Kinder und Eltern nichts bezahlen sollen, brauchen dauerhaft finanzielle Unterstützung, es reicht nicht, sie anzuschieben und dann sich selbst zu überlassen. Wir haben mit unserem Projekt schon eine recht hohe Halbwertszeit, aber stoßen jetzt eben an unsere Grenzen. Wir bemühen uns, in alle möglichen Richtungen zu denken, alle Chancen zu ergreifen, die sich uns jetzt noch bieten. Von privaten Investoren bis hin zur Gründung einer Stiftung. Idealerweise bräuchten wir ein Jahresbudget von etwa 120.000 bis 130.000 Euro, um das Projekt in Berlin und Brandenburg bestmöglich umzusetzen. Dafür jemanden zu finden, gestaltet sich schwierig und ehrlich gesagt weiß ich auch derzeit nicht, wo wir noch Anträge stellen sollen. Meine großen Wünsche zur generellen Situation für Projekte wie unseres sind erstens eine durchdachtere Förderpolitik, die nach der Anschubfinanzierung zupackt. Und zweitens eine andere Kommunikationsebene, eine stärkere Begleitung der jeweiligen Einrichtung, die einen fördert. Intensive Nachbesprechungen und der gemeinsame Ausblick, wo es mit dem Projekt hingeht.

Trotz aller finanzieller Schwierigkeiten läuft das aktuelle Projekt ja auf Hochtouren. Können Sie uns schon verraten, welche Geschichten uns dieses Jahr erwarten?
2012 war das Thema für die Schreibwettbewerbe in Berlin und Schwedt „Mut und Wut“. Der Film „Rebellen“, von den Berliner Schülern, hat dieses Jahr sogar den zweiten Platz beim Deutschen Jugendvideopreis gewonnen! Dieses Jahr lautet das Thema – bezeichnenderweise – „Verschwinden“. In Berlin hat uns in der Jury eine ganz alltägliche Geschichte überzeugt: Ein Junge nimmt Reißaus. Er streitet sich nur noch mit seiner Familie, packt eines Abends seine Tasche, haut ab und verbringt sogar eine Nacht draußen. Dann stellt er aber fest, dass das nicht die Lösung sein kann. Neben den niedlichen Ideen, was er alles in seine Tasche packt, hat uns überzeugt, dass sich jeder in dieser Geschichte wiederfindet. „Ich hau jetzt ab und ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt“ – dieses Gefühl kennen doch alle. Diese Geschichte kann mit kleinem Budget umgesetzt werden, was uns dieses Jahr sehr entgegen kommt, und wird trotzdem sicher sehr emotional.

Und in Schwedt?
Schwedt wird schräger. Hier verschwindet eine ganze Familie bei einem Fototermin in der Kamera. Wie sie aus dem verflixten Ding wieder herauskommen, darum wird es in dem Schwedter Kurzfilm gehen. Auf die Dreharbeiten bin ich sehr gespannt. Aktuell ist in beiden Städten der Drehbuchworkshop bereits gelaufen, im September starten dann die vorbereitenden Seminare für die Filmproduktion in den Herbstferien. Es ist jedes Jahr wieder so schön zu sehen, dass sich Kinder und Erwachsene voller Neugier und Vorfreude auf ein großes Abenteuer einlassen. Die Profis stehen bereit, leiten an und unterstützen, aber die Kinder machen den Film. Am Set herrscht eine tolle Stimmung, über den Spaß vergessen alle, dass es eigentlich Arbeit ist – eine tolle Erfahrung für die Kinder, die ganz nebenbei in verschiedene Berufsfelder hinein schnuppern. Wir bekommen oft Bewerbungen für Schülerpraktika beim Projekt von Kindern, die als Grundschüler bei uns mitgemacht haben. Zudem kommen bei „Kinder machen Kurzfilm!“ Schüler aus ganz unterschiedlichen Bezirken zusammen, die sich sonst wahrscheinlich nie kennengelernt hätten. Da entstehen Freundschaften zwischen Kindern aus Neukölln und Reinickendorf, aus Friedrichshain und Charlottenburg. Vorurteile werden abgebaut. Das ist sehr spannend zu beobachten und macht das Projekt, über die tollen Kurzfilme hinaus, so wichtig.

Die Fragen stellte Verena Manhart.

100 mal 100 in 100 Tagen - Das Logo der Spendenaktion.

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Wer das Projekt „Kinder machen Kurzfilm!“ finanziell unterstützen will, kann bei der aktuellen Spendenaktion mitmachen und/oder Mitglied im Freundeskreis werden. Studenten, die im Herbst eine Woche lang Erfahrungen am Filmset machen möchten, können sich gerne als Assistenz für die Kostüm-, Ton-, Kamera-, Regie- oder Schauspielabteilung bewerben. Alle Informationen dazu sowie der Kontakt zur Projektleitung finden sich auf der Website: www.kindermachenkurzfilm.de/

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