Aron Lehmann über seinen Film „Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel“

"Mangel schafft Kreativität"


Noch ist auf dem Set von "Kohlhaas" alles in Odnung. Foto: Kaminski.Stiehm.Film

Noch ist auf dem Set von "Kohlhaas" alles in Odnung. Foto: Kaminski.Stiehm.Film

Im Nachhinein, im Draufblicken auf die Figur, ist da etwas bei Dir passiert?
Das geht mir vor allem so, wenn ich am Beginn einer Geschichte stehe, die ich schreibe. Ich stelle mir oft die Frage: Woher kommt die Geschichte? Was ist ihr Kern und woher kommt ihr Drang? Das ist etwas, das mir bereits im Expose begegnet. Beim Kohlhaas hat das Forschen nach der Motivation der Figur sehr lange gedauert und klar wurde mir die Figur erst, als ich bereits das Drehbuch schrieb. Ich hatte sehr wenig Zeit zur Vorbereitung, musste das Drehbuch zügig verfassen und habe relativ viel Zeit mit dem Kern der Geschichte verbracht. Irgendwann war klar, es ist eine Geschichte über Visionen und Träume. Diese Momente, in denen man das begreift, sind Gold wert. Wenn einem so ein Moment aber erst während des Drehs kommt, ich befürchte, dann ist es zu spät.

Du arrangierst doch aber erst nach dem Dreh im Schnittraum. Überlegst welche Szenen gekürzt werden, was relevant ist und was raus fallen kann.
Durchaus. Aber meine fiktionalen Filme waren bisher immer nahe am Drehbuch. Das ist eine Erfahrung, die ich viel stärker im Dokumentarfilmbereich gemacht habe. Dort schenkt einem die Welt nicht das, was man glaubt zu erkennen. Man erkennt manchmal erst im Schnitt, dass man mit Vorurteilen beladen war, die aber nicht bestätigt werden. Der eigene Blick auf die Welt oder die Geschichte, die man erzählen wollte, ist eine andere als die Wirklichkeit.

Schaffen ein knappes Budget und Zeitmangel künstlerischen Freiraum?

Das auf jeden Fall. Womöglich auch mehr, als wenn alles da ist. Mangel schafft Kreativität. Trotzdem ist es für mich wichtig, bei meinem nächsten Film soviel Geld zu haben, dass ich meine Leute bezahlen kann. Wenn man ein großes Budget zur Verfügung hat, sollte man den Film möglichst so groß machen, dass selbst dieses Budget eng wird. Geld bringt dich auf keine Ideen. Du musst nichts lösen und man verlässt sich zu sehr auf Vorhandenes. Ich habe die Erfahrung zwar noch nie gemacht, ein Budget zu haben, das mir keine Sorgen mehr lässt, aber ich glaube, wenn ich eines hätte, ich würde mir mehr Zeit und mehr Drehtage kaufen.

Interview: Martin Daßinnies

Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der MittelRegie: Aron Lehman, Darsteller: Robert Gwisdek, Jan Messutat, Thorsten Merten, Roslie Thomass, Heiko Pinkowski, Peter Trabner, Kinostart 8. August 2013

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