Interview zu “Zum Geburtstag” mit Regisseur Denis Dercourt

Wir mögen den Teufel


Sophie Rois spielt in "Zum Geburtstag" die Yvonne, die spät ins Geschehen einsteigt und dafür umso mehr wirkt. © x-verleih

Sophie Rois spielt in "Zum Geburtstag" die Yvonne, die spät ins Geschehen einsteigt und dafür umso mehr wirkt. © x-verleih

Petzolds „Barbara“ ist ein interessantes Beispiel, da seine Werke und die der Berliner Schule im Allgemeinen, in Frankreich positiver aufgenommen werden, als in Deutschland. Woher glauben Sie, kommt das?
Diese Regisseure haben sehr viele französische Filme gesehen. Für uns sind das normale, gute Filme. In Frankreich lief mein „La chair de ma chair“ („Mein Fleisch und Blut„) im Kino. Ein kleiner Film, den ich hier in Berlin gedreht habe. Ein wichtiger Kritiker aus Frankreich schrieb, obwohl er nicht wusste, dass ich in Berlin wohne, dass der Film mit der Berliner Schule zu tun habe. In jedem Fall pflegen die Akteure der Berliner Schule eine echte Filmkultur. Sie sind cinephil, was auf Deutschland nicht unbedingt zutrifft. Im Theater sind die Deutschen vielleicht weltweit führend, aber Kino wird als Unterhaltung wahrgenommen, bei uns zuerst als Kunst. Die Berliner Schule hält Film nicht für Unterhaltung. Auf keinen Fall.

Die von der großartigen Sophie Rois gespielte Yvonne treibt die Handlung als Georgs Freundin mit ihrem Zynismus voran. Bringt diese Yvonne die Handlung in Fahrt?
Im Buch wechselt das Teuflische von einer Figur zur nächsten. Wer das Glück hat, mit Sophie Rois zu arbeiten, will sie auch sehen und beobachten, wie sich die Rolle entwickelt. Ich habe ihr nichts gesagt und sie spielen lassen. Es war fantastisch. Ich war ihr Bewunderer. Bei mir steht zu Beginn der Dreharbeiten noch nichts fest und ändere noch Vieles.

Die von Marie Bäumer gespielte Anna ist Pianistin, gibt aber ihren Traum auf und arbeitet als Biologin. Wie oft haben Sie als Musiker solche Karrieren verfolgt?
Das passiert häufig. Die von Marie gespielte Anna ist nicht unglücklich mit sich und ihrer Arbeit. Aber: Das Leben hätte auch ein anderes sein können. Dieses Gefühl kennt man mit 25 nicht, da könnte das Leben nicht anders sein. Mit 40 oder wie bei mir mit 48, kenne ich dieses Gefühl, dass auch ein anderes Leben möglich gewesen wäre. Das heißt nicht, dass mein Leben nicht schön wäre. Mit diesem Gefühl haben wir gespielt.

Sie haben sich eindeutig für das Kino entschieden. Wie unterscheiden sich Kino und Fernsehen?
Mein Vater war ein bedeutender Fernsehproduzent. Ich habe absolut nichts gegen das Fernsehen. Ich finde es einfacher, für das Kino zu arbeiten. Für fünf oder zehn Euro unterzeichnet man einen Vertrag mit dem Autor, mit mir, in dem der verpflichtet wird über eineinhalb Stunden etwas anderes zu bieten. Einen anderen Ort oder ein anderes Leben. Ich sage bewusst nicht unterhalten. Beim Fernsehen ist das schwieriger, da man oft gleichzeitig isst und trinkt. Man sitzt nicht im Dunkeln. Eine Art Hypnose. Ich habe keinen Fernsehapparat. Als Autor und Filmemacher muss ich keinen Ersatz für einen Fernsehfilm erschaffen, sondern Zuschauern eine andere Erfahrung bieten.

Die Fragen stellte Denis Demmerle.

Hier die Kritk zu „Zum Geburtstag„.

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