„Finsterworld“-Interview mit Frauke Finsterwalder
Mit „Finsterworld“ legt Regisseurin Frauke Finsterwalder ihren ersten Spielfilm vor und heimst damit neben Lob von vielen Seiten auch reichlich Preise ein, wie zuletzt beim Zurich Film Festival. Das Drehbuch schrieb Finsterwalder gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Schweizer Schriftsteller Christian Kracht. Im Interview erfahren wir, wie die beiden gemeinsam arbeiten, wie die Regisseurin als Künstlerin den heimischen Raum Deutschland aus der Distanz wahrnimmt und wie die einzelnen Figuren mit ihr zusammenhängen.
Frau Finsterwalder, „Finsterworld“ ist offensichtlich fürs Kino gemacht. Was bedeutet Kino für Sie?
Frauke Finsterwalder:Ich möchte mich in keinem Fall im Kino mit Dingen langweilen, die ich schon in meinem Leben habe oder die leer sind. Für mich ist Kino eine permanente Überforderung. Ich sitze in einem dunklen Raum und sehe was, das mich in irgendeiner Art und Weise überfordert. Das kann emotional sein, wenn etwas schön ist oder grauenhaft oder lustig und auch spannend. Mir ist wichtig, einen Film zu machen, der mir beim Anschauen Spaß macht, der wach hält, weil etwas Neues passiert. Viele Autorenfilmer machen in sofern unterhaltsamere Filme als Hollywood.
Wie haben Sie Ihren Cast mit den vielen nebeneinander gleichberechtigten Rollen zusammengestellt?
Zwei Rollen standen für mich von Anfang an fest: Sandra Hüller sollte die Filmemacherin sein und Corinna Harfouch die Inga. Um diese beiden Schauspielerinnen herum habe ich mit Hilfe meiner Casterin Simone Bär die Figuren besetzt. Das war schwierig, da mit den beiden der Qualitätsstandard sehr hoch gesetzt war und in so einem Ensemblefilm keiner abfallen darf.
Nach einigen Dokus („Weil der Mensch ein Mensch ist“ (2007) und „Die große Pyramide“ (2010, u.a. Filmfest Eberswalde) ist „Finsterworld“ Ihr erster Spielfilm. Sandra Hüller spielt darin die Dokumentarfilmerin Franziska, eine Art fiktionale Kollegin. Sie leidet unter dem Projekt, das sie sich ausgesucht hat. Kennen Sie das?
Im Dokumentarfilm muss man unheimlich geduldig sein und sich dem Risiko stellen, dass ein völlig anderer Film herauskommt, als der, den man erwartet hat. Die Protagonisten spielen keine Rolle, sondern sind sie selber. Das kann Spaß machen, kann aber auch sehr frustrierend sein. In jedem Fall muss man bereit sein, den Film komplett umzustellen. Das ist der große Unterschied zum Spielfilm.
Trägt die Figur biografische Züge?
Nein. Ich bin habe zwar auch unter anderem Dokumentarfilm gemacht, aber in dieser Franziska ist nicht mehr von mir drin, als in jeder anderen Figur. Die sind Teil von mir und auch vom Co-Autor (Anm. Christian Kracht). Andere Figuren, wie Claude, haben viel mehr mit mir zu tun.