Interview mit Regisseur Axel Ranisch zu „Ich fühl mich Disco“ – Teil 2

Mit Kino schmückt man sich


Der ironische Schlagerstar Christian Steifen (Foto) überzeugte Regisseur und Klassik-Fan Ranisch. (c) Edition Salzgeber

Der ironische Schlagerstar Christian Steifen (Foto) überzeugte Regisseur und Klassik-Fan Ranisch. (c) Edition Salzgeber

Wie hast du als Freund der klassischen Musik Christian Steifen für dich entdeckt?
Er war in Osnabrück eine Lokalgröße. Ich mochte Schlagermusik immer gerne. Mein Hanno im Film sicher nicht, aber ich dachte, er wäre der Mann, den Hanno braucht um seinen Sohn zu verstehen.

Schlager ist en vogue. Sogar „Deutschland sucht den Superstar“ produziert mittlerweile Schlagerstars. Du triffst also den Zahn der Zeit. Wolltest du das damit überzeichnen?
Er ist an sich schon eine ironische Figur. Er ist genau so, wie ich Schlager ertrage. Christian Steifen ist ein Phänomen. Das die Filmmutti auf ihn abfährt ist logisch. Musikalisch lebt der Film auch vom Spannungsverhältnis zwischen Christian Steifen und Rachmaninov, von dem der Rest der Filmmusik kommt.

Unter der Überschrift Berlin Mumblecore haben Filmemacher wie du oder die Lass Brüder Tom und Jakob ein Label bekommen, die Film anders denken…
Es ist offensichtlich ein junges, wildes Berlin-Ding. Es kommt aus einer Familie. Wir verstehen uns gut und es häuft sich, aber wir haben unsere Väter. Da kann man zurückgehen zu Cassavetes oder eben auch zu Seidl und Dresen, die alle so arbeiten. Es gibt auch faule Regisseure, die drauf los drehen, weil sie kein Bock haben, ein Drehbuch zu schreiben. Da entstehen dann eben auch Filme mit Längen oder die nicht funktionieren. Ich mag gerne, wenn ich vorher weiß was ich erzähle und ich die Geschichte kenne. In jeder Szene weiß, wo die Figuren herkommen und wo sie hin wollen. Das ist mir wichtig. Wir machen nicht wahllos Filme. Meinen Filmen geht zum Beispiel eine unheimlich intensive Figurenarbeit mit den Schauspielern voran.

Gibt es einen Berlin Mumblecore?
Ich habe bei Wikipedia entdeckt, dass ich als einer der bedeutenden Vertreter davon gelte. Als alle immer von Mumblecore redeten, musste ich mal nachschauen. Bei mir lag keine Geisteshaltung zugrunde. Die Frage ist, wo fängt es an und wo hört es auf. Wenn „Dicke Mädchen“ Mumblecore ist, ist es dann „Netto“ von Robert Thalheim auch Mumblecore. Ich habe nichts gegen den Stempel und will einfach Filme drehen. Die technischen Möglichkeiten heute, erlauben es auch ohne Geld Filme zu drehen. Wahrscheinlich ist „Love Steaks“ dann der nächste große Berlin Mumblecore-Film.

Nach seiner Premiere beim Filmfest in München gewann er dort gleich alle Preise…
… was ein Zeichen ist! Ein Arschtritt für die Filmförderung. Ich fände gut, wenn Filme wie „Love Steaks„, „Dicke Mädchen„, „Papa Gold“ oder „Frontalwatte“ in der Auswertung größere Chancen bekämen. Dadurch, dass das deutsche Kino absolut von den Fernsehsendern bestimmt wird und die ungern Dinge kaufen, die sich nicht mit erdacht oder finanziert haben, gibt es kaum eine Chance der Auswertung. Filme wie „Schwarze Schafe“ haben es nie ins Fernsehen geschafft. „Dicke Mädchen“ wird es auch nie ins Fernsehen schaffen. Man lässt uns nicht rein. Denen wird nicht die Chance auf ein breites Publikum gegeben, auch wenn sie bewiesen haben, dass sie publikumstauglich sind und gerne gesehen werden wollen.

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