Zurückgespult #12: Deutscher Filmpreis – Die Nominierten
Licht im finsteren Lola-Wald
Was bewegt, über welche Projekte spricht die Filmbranche und wo wird gerade wieder einmal unter Protest ein traditionelles Programmkino geschlossen – oder sogar eröffnet? In ihrer Kolumne Zurückgespult blickt Autorin Cosima M. Grohmann einmal im Monat zurück und schaut auf das, was passiert ist, vor und hinter den Leinwänden.
Gleich zweimal finster wird es dieses Jahr, wenn der 64. Deutsche Filmpreis am 9. Mai im Tempodrom verliehen wird. Da ist zum einen der Favorit „Das finstere Tal„: Die Literaturverfilmung unter der Regie von Andreas Prochaska feierte auf der diesjährigen Berlinale Premiere. Die X-Filme-Produktion wurde sowohl vom Publikum als auch von der Kritik als Achtungserfolg gewürdigt, mehr aber auch nicht. Nun also in neun Kategorien nominiert, für Überraschungen ist die Deutsche Filmakademie ja immer gerne zu haben. Ebenso finster wie der Alpenwestern tritt Frauke Finsterwalders Spielfilmdebüt „Finsterworld“ an. Der Episodenfilm punktet vor allem mit seinen Nebendarstellern, die wunderbar flapsige und überintellektualisierte Sandra Hüller als scheiternde Dokumentarfilmerin Franziska und Michael Maertens, der den Fußfetischist und Neurotiker Claude mit solch verhaltenem Psychopathen-Gestus spielt, dass es einem kalt den Rücken herunterläuft. Selbstverständlich ist „Finsterworld“ – neben vier anderen Kategorien – auch für das Beste Drehbuch nominiert. Wenn Christian Kracht schon Hand anlegt, dann muss das ja auch gebührend gewürdigt werden – verdient oder unverdient, darum scheren sich Iris Berben und ihre Crew bekanntlich eher selten.
Weiterlesen: Unser Interview mit Frauke Finsterwalder zu „Finsterworld„.
Interessant auch immer der Blick auf die Vorauswahl im Vergleich zur letztendlichen Nominierung: Wie in jedem Jahr gibt’s von allem etwas. In der Kategorie Programmfüllender Spielfilm ist etwa wieder ein Blockbuster („Fack Ju Göhte„) und ein Überraschungs-Erstling („Love Steaks„) vertreten, der schon im Vorfeld einige Preise abgeräumt hat. Der Rest ist vielleicht am besten unter der Rubrik „Gut verständlicher Unterhaltungsfilm mit Kunstanspruch“ zu subsumieren, als da wären „Die Andere Heimat„, „Zwei Leben“ und eben „Finsterworld“ und „Das finstere Tal„. Leisere Filme wie etwa Friederike Jehns „Draußen ist Sommer“ oder „Tore tanzt“ schafften es hingegen nicht von der Vorauswahl auf die Nominierungsliste der Lolas. Schade, denn hier hätte die Akademie wirklich einmal einen Schritt hin zu einer eigenständigen Entscheidung gewagt, ohne das Abnicken der vorausgegangenen wichtigen Festivals, Preisverleihungen und Feuilletonisten. Immerhin ist Regisseurin Katrin Gebbe für „Tore tanzt“ als Beste Regisseurin nominiert und für die Filmmusik gibt’s auch noch eine.
Auch wenn die Nominierungen im Großen und Ganzen wieder eher solide als gewagt ausfallen: Die Auswahl spiegelt doch einen insgesamt recht starken Film-Jahrgang wieder. Und wenn Jan-Josef Liefers als diesjähriger Host seine Pralinen sowohl kulinarischer als auch vermeintlich wortwitziger Natur für sich behält und stattdessen vielleicht einen unverkrampften Selfie mit Iris Berben und Christian Kracht beim spontanen gemeinsamen Posen präsentiert, würde die ganze Veranstaltung am 9. Mai vielleicht weniger finster, sondern sogar ein bisschen spannend.
Text: Cosima M. Grohmann