9. Xposed im Moviemento

Je gewagter, desto besser



Du sprichst die schwedische Avantgarde-Filmemacherin Gunvor Nelson an, der ihr eine Hommage widmet. Was zeichnet ihr Schaffen aus?
Nelsons Filme sind dermaßen komplex und eigenwillig, dass man ihnen mit Worten nur schwer gerecht werden kann. Jeder Film stellt für sich einen eigenen Mikrokosmos dar. Ihre früheren Arbeiten sind stark geprägt von meist weiblichen Körperbildern, aber zwischen jedem der Filme gibt es außerordentliche formale Differenzen. Was jedoch alle ihre Filme auszeichnet, ist eine schier unerschöpfliche Neugierde und Kreativität, die sich kontinuierlich jeglicher (konventionellen) filmischen Logik verweigern. Nelson sah sich wohl selbst nicht unbedingt als feministische Filmemacherin, jedoch spürt man in vielen ihrer Filme den Drang zur Selbstbestimmtheit und der kritischen Betrachtungsweise weiblicher Repräsentation in den Massenmedien. Sie greift dabei mit bissigem Humor das mediale Bild der perfekten Frau und Hausfrau an, die natürlich vor allem den Männern gefallen muss. Montagen und Collagen nutzt Nelson unglaublich klug und witzig, um das Absurde dieser Repräsentationen ins Licht zu rücken. Andere Filme zeichnen sich durch surrealistische und psychedelische Betrachtungsweisen des Ichs und der eigenen Umgebung aus. Unsere Hommage gibt einen einführenden Einblick in das Schaffen von Gunvor Nelson, den man sich wirklich nicht entgehen lassen sollte!

She Monkeys“ von Lisa Aschan feierte auf der Berlinale seine Weltpremiere. Wo entdeckt ihr Filme für euer Programm und nach welchen Kriterien kuratiert ihr?
Im Falle von „She Monkeys“ haben wir den Film damals im Rahmen unserer Arbeit bei der Berlinale gesehen. Als wir das nordische Programm zusammengestellt haben, war klar, dass wir den Film einfach zeigen müssen, obwohl er schon in Berlin zu sehen war. Das war für uns nie wirklich ein Problem. Wir zeigen immer wieder Filme, die wir bei den wunderbaren Kollegen vom Pornfilmfestival gesehen haben. Die zeigen wiederum manchmal Filme, die sie bei uns sehen, was uns natürlich sehr freut. Wir entdecken zum Teil Filme auf anderen Festivals und nehmen dann Kontakt mit den Filmemachern auf. Manche Filmemacher schicken ihre Arbeiten direkt an uns und sehr viel entdecken wir durch Recherchearbeit.

Weiterlesen: Unser Bericht „Mehr Substanz, weniger Sperma“ vom 2013er Pornfilmfestival.

Wie läuft eine solche Recherche?
Der Prozess findet über das ganze Jahr hinweg statt. Es gibt also keine bestimmte Auswahlzeit bei uns. Wir versuchen immer, Augen und Ohren offen zu halten. Die nordischen Kurzfilme haben wir zum Teil über andere Festivalprogramme gefunden und die Kollegen um Sichtungsmaterial gebeten. Andere haben wir über Verleiher selbst recherchiert. Das nimmt viel Zeit in Anspruch, ist aber ungemein spannend, wenn man plötzlich mit unzähligen Kurzfilmen und Videoarbeiten aus einem Land konfrontiert ist. Man versucht zuerst über die Kurzbeschreibung herauszufinden ob es für XPOSED relevant ist und sucht im Netz nach weiteren Informationen. Das hat bei uns sehr viel mit Gespür und Intuition zu tun. Manchmal ist das einfach nur ein Bild, das uns aufmerksam macht, manchmal die Synopse, die man liest. Die Früchte erntet man dann (oder auch nicht) wenn man die Filme später zu sehen bekommt. Wenn der Instinkt bei einigen Titeln richtig lag, ist das besser als Geburtstag und Weihnachten zusammen.

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