Kino im Kiez: ab:sicht im Kino

Filme, die auf den ersten Blick nicht gefallen


Sebastian Minke ist Filmemacher und Kurator der Filmreihe ab:sicht.

Sebastian Minke ist Filmemacher und Kurator der Filmreihe ab:sicht.

Sebastian Minke ist Filmemacher und Kurator. Er lebt und arbeitet in Berlin und in Norwegen, wo er im Vorstand des norwegischen Tønsberg filmklubb, der dort die Funktion der in Norwegen nicht existierenden Programmkinos übernimmt. Im Moabiter Filmrauschpalast e.V. kuratiert und programmiert Minke seit 2010 die Reihe „ab:sicht im Kino“, die seit 2014 auch im Sputnik Kino Kreuzberg läuft.
Für den Auftakt unserer Serie „Kino im Kiez“ sprachen wir mit Sebastian Minke über die Relevanz von abseitigen Filmen, die kulturelle Bedeutung eines Filmclubs und über die aktuelle „ab:sicht“-Reihe im Mai, in der er „Drive“ und „Only God Forgives„, die beiden aktuellen Filme des dänischen Filmemachers Nicolas Winding Refn zeigt.

Sebastian, wie ist die Filmreihe „ab:sicht“ entstanden und wie bist du an die Kinos Filmrauschpalast und Sputnik in Kreuzberg herangetreten?
Sebastian Minke:
Ich begann diese Reihe mit der Idee ein Programm zu machen, wie ich es selber gerne gesehen hätte, aber so nicht vorgefunden habe. Im Filmrausch, in dem ich zur damaligen Zeit im Vorstand war, fanden wir diese Idee toll und so begann das vor drei Jahren. Um eine größere Reichweite zu haben und weil durch das Zeigen der Filme in mehreren Kinos die finanziellen Risiken etwas geringer sind, habe ich mich Mitte 2013 auf die Suche nach anderen Kinos gemacht und konnte Andrea Stosiek vom Sputnik von der Idee dieser Reihe überzeugen. Und so laufen diese Filme nun je zweimal monatlich in Moabit und in Kreuzberg.

Dein Vorbild ist der amerikanische Filmwissenschaftler Amos Vogel, der von 1947 bis 1963 mit seinem Filmklub „Cinema 16“ sehr erfolgreich versucht hat, die Zuschauer über das Mainstream-Kino hinaus cineastisch zu bilden. Wie setzt du diesen Ansatz bei „ab:sicht“ um?
Mir gefiel was Amos Vogel angeblich sagte, wenn ein Film seiner Cinema 16-Screenings, dem Publikum nicht gefiel: „You don’t like it? We’ll show it again.“ Bildung bedeutet eben auch, dass das nicht unbedingt Filme sein müssen, die einem gefallen. Es geht ja um das ganze Spektrum und da gibt es eben auch Anstrengendes, Verstörendes, Provozierendes, Überraschendes und das ist, was mich interessiert. Das kann, muss aber nicht gefallen. Ich zeige natürlich auch Filme, die filmhistorisch eine Bedeutung haben, am liebsten aber, wenn es heute noch spannend, provokativ, kontrovers, inhaltlich oder formal relevant ist oder gar ungesehen ist. Das Zeigen solcher Filme im Kiezkino um die Ecke und zu einem günstigen Preis, war und ist aber auch ein wichtiger Aspekt.

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Nach welchen Gesichtspunkten suchst Du die Filme für Deine Reihe aus?
Angefangen hat das tatsächlich mit Amos Vogels Buch „Film als subversive Kunst“ und dem Wunsch, irgendwann all die Filme, die er dort beschrieben hat, gesehen zu haben. Viele gibt und gab es aber nicht so einfach irgendwo zu sehen oder zu bekommen. „Filme, die es ernst meinten und meinen“ und „andere Ansichten, andere Sichtweisen, andere Blickwinkel“, sind Versuche zu beschreiben worum es geht und was für Filme hier laufen. Es ist eine sehr persönliche Entscheidung, aber natürlich muss ich auch Kompromisse bei der Filmauswahl machen, was auch an dem sehr überschaubaren Budget liegt. Es geht darum zu zeigen, was selten zu sehen ist oder was sonst gar nicht zu sehen ist. So wie wir im Juni jetzt „Exposed“ von Beth B, eine Doku über die Neo-Burlesque-Szene in New York, exklusiv und vor einem deutschen Kinostart, falls es den denn je geben wird, im Programm haben.

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