Zurückgespult #14: „Under the Skin“ mobilisiert Kino-Fans

Erst bunkern, dann verscherbeln


Cosima M. Grohmann ist freie Journalistin und lebt in Berlin. Als Regie- und Produktionsassistentin hat sie bei diversen Filmproduktionen mitgewirkt, am Ende sogar einen eigenen Dokumentarfilm gedreht. Als Kritikerin aus der Ferne fühlt sie sich dem Kino näher, sie schreibt u.a. für fluter, die Berliner Zeitung und die Deutsche Presse Agentur.

Cosima M. Grohmann ist freie Journalistin und lebt in Berlin. Als Regie- und Produktionsassistentin hat sie bei diversen Filmproduktionen mitgewirkt, am Ende sogar einen eigenen Dokumentarfilm gedreht. Als Kritikerin aus der Ferne fühlt sie sich dem Kino näher, sie schreibt u.a. für fluter, die Berliner Zeitung und die Deutsche Presse Agentur.

Was bewegt und über welche Projekte spricht die Filmbranche? Wo wird gerade wieder einmal unter Protest ein traditionelles Programmkino geschlossen – oder sogar eröffnet? In ihrer Kolumne Zurückgespult blickt Autorin Cosima M. Grohmann einmal im Monat zurück und schaut auf das, was passiert ist vor und hinter den Leinwänden.

Den Sci-Fi-Film „Under the Skin“ mit Scarlett Johansson in der Hauptrolle hält der Verleih Senator für schwer vermarktbar – und verhindert deshalb den deutschen Kinostart. In den sozialen Netzwerken regt sich nun Protest

Wer die Cannes-Berichterstattung in den Medien verfolgt hat, kann schnell auf den Gedanken kommen, Leute, die sich mit Film beschäftigen, würden andauernd an schöne Orte fahren und dort ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen. Dabei ist die Filmbranche oft oder sogar meistens ein knallhartes Business. Das hat offenbar auch Helge Sasse, der CEO von Senator, zu spüren bekommen. Wie das Unternehmen am vergangenen Freitag mitteilte, räumt Sasse als Vorstandsvorsitzender der Senator Entertainment AG seinen Platz. Der Grund: Die Verluste im Geschäftsjahr 2013. 47,1 Prozent Rückgang verzeichnete Senator, der unter anderem mit dem hauseigenen Filmverleih als einer der wichtigsten Player in der deutschen Filmbranche gilt. Dabei hatte sich das Unternehmen doch gerade erst an dem leicht verdaulichen Feelgoodmovie „Ziemlich beste Freunde“ mit 85 Millionen US-Dollar gesund gestoßen – nachdem es 2004 kurzzeitig vor der Insolvenz stand. Nun soll es jedenfalls zu einer „strategischen Neuausrichtung“ kommen. Irgendwas mit Restrukturisierungskonzept und dem Vorhaben, „durch verbesserte Vertriebsaktivitäten zusätzliche Erlöse auf neuen, digitalen Vermarktungsplattformen zu erschließen“.

Weiterlesen: Unser Venedig-Blog 2013.

Klingt in der Pressemitteilung vom April diesen Jahres ganz okay, ist im Realitätscheck allerdings eher als schlechter Scherz zu verstehen, wenn man sich das jüngste Beispiel einer verpassten Vermarktung im Internet anschaut: Der Film „Under the Skin“ von Jonathan Glazer feierte bei den Filmfestspielen in Venedig im vergangenen Jahr seine Premiere. Das internationale Publikum zeigte sich zwar gespalten, dennoch bekam der Film einiges an Publicity. Keine geringere als Hollywood-Schönheit Scarlett Johansson spielt in dem Science-Fiction-Thriller ein Alien, das als sexy Beast durch Schottland geistert und Männer erst verführt und dann aufisst. Dabei zieht Johansson komplett blank: Die 29-Jährige zeigt sich nackt mit dunkler Perücke auf der Leinwand, wer bitte schaut da schon weg? „Merkwürdig“, aber trotzdem sehenswert fand beispielsweise die Berliner Zeitung damals das Werk, das unter der Regie des einstigen Musikvideo-Regisseurs Glazers teilweise undercover in Glasgow gedreht wurde. Der Fakt, dass dem Film eine einheitlich kühl-mystische Achtzigerjahre-Ästhetik zugesprochen wird, der Plot zwar nicht ganz schlüssig, aber durchaus packend ist und Scarlett Johansson – egal, ob nackt oder angezogen – als verlässlicher Unique Selling Point die Hauptrolle spielt, reichte in vielen Ländern, wie etwa England, Irland, den USA oder Griechenland jedenfalls für einen regulären Kinostart, weitere Länder wie die Schweiz, Frankreich, Australien oder Brasilien folgen in den nächsten Monaten.

Und Deutschland? Nun, bei Senator verfuhr man wohl erst einmal nach der Devise: Festhalten und weiterschauen. Nach dem Erwerb der Rechte an dem Film hatte man es mit dem deutschen Kinostart auf einmal wohl doch nicht mehr so eilig. Im Gegenteil, Ende April verkündete der Verleih, dass der Film nur auf Festivals und dann auf DVD zu sehen sein wird.

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