Clip Award No. 9 – Berliner Filmfestivals zu Gast in Mannheim

"Alles ist erlaubt – solange es kurz und billig ist!"



Der große Kurzfilmwettbewerb

Das Herzstück des „Clip Award“ bildete der große Kurzfilmwettbewerb mit 15 unabhängig produzierten Kurzfilmen aus Deutschland, wobei viele der Macher anwesend waren. Johannes Kürschner und Franz Müller aus Dresden durften sich für ihre lakonische Komödie „SIMPLYclever“ (2012) über den ersten Preis der Jury freuen. Mit Jump Cuts und pointierten Bildern zeigt der Film zwei extravagante Vollblut-Ossis, die in einer Garage an ihren Skiern werkeln, rülpsend über das Leben fachsimpeln und selbst ihr Käffchen mit Bier aufsetzen. Der Humor entsteht aus der Diskrepanz zwischen dem urigen sächsischen Akzent der Protagonisten und den (hoch-)deutschen und englischen Untertiteln, die das gesprochene Wort mit einem Augenzwinkern verdrehen. Die beiden Regisseure hinterließen als extrovertiertes Sachsen-Gespann jedenfalls einen bleibenden Eindruck.

Weniger klar fiel die Entscheidung für den zweiten Platz aus. Der Liebes- und Friedensfilm „Lialou“ von Karolis Spinkis verweist auf die Geschichten, die Schuhe über ihre Träger erzählen. Als ein Pärchen schließlich die grau-schwarzen Schnürsenkel verschiedener Menschen gegen bunte austauscht, kehrt der Weltfrieden ein. Ästhetisch gewinnt der Film einen gewissen Reiz, indem er dokumentarisch wirkende Einschübe mit zwei Erzählebenen vermischt. „The Last Night of Baby Gun“ von Jan Eilhardt – der mit 6.000 Euro Budget teuerste Wettbewerbsfilm – landete auf dem dritten Platz. Das Neo-Noir-Drama ist mit Schauspielern wie Waldemar Kobus und der Fassbinder-Mimin Eva Mattes als Voice-Over-Sprecherin stark besetzt und überzeugt insbesondere in ästhetischer Hinsicht. Ursprünglich als Visualisierung für einen Tom-Waits-Abend im Schauspiel Frankfurt/Main entstanden, erinnert die Geschichte einer Prostituierten wahlweise an „Sin City“ und Wong Kar-wai.


Den Publikumspreis teilten sich „Soulmate“ von Dominik Galizia und „Weiter Oben“ von Philipp Mößner. Ersterer wurde in New York gedreht und zeigt zwei Paare, die in Lust und Ekstase übereinander herfallen, bevor sie Blut kotzen. Die Kamerafahrten an verschlissenen Häuserfassaden entlang, die Coolness ausstrahlende Musik und die vier Protagonisten, die Figuren der Filmgeschichte wie Jean Seberg aus „Außer Atem“ beschwören, machen „Soulmate“ zu einem der stärksten Beiträge des Wettbewerbs. „Weiter Oben“ erzählt eine weniger komplexe Geschichte und umreißt verschiedene Ereignisse, die parallel in einem Mietshaus stattfinden – vom Familienstreit bis zum LSD-Trip auf dem Dach. Das technische Prunkstück ist dabei eine unerwartet saubere Kamerafahrt von unten nach oben und wieder zurück, die mit einem selbst gebastelten Kran umgesetzt wurde.

Erwähnung finden müssen der humorvolle Beitrag „Pink Blues“ von Eric Frantzen aus Bielefeld, in dem ein pinker Hase einen Mann belästigt, und die Doku „Romy, ich bin krank“ des Hamburgers Andreas Grützner, die Einblicke in das Schaffen des Beatles-Fotografen Jürgen Vollmer gibt. Ebenfalls aus Hamburg kam „Streifendienst“ von Janco Christiansen, der fast ohne Worte und mit aufgeräumten Schwarzweißbildern eine Parkhaus-Anekdote erzählt. Christiansen war bereits letztes Jahr mit der Tragikomödie „Hinterbänkler“ vertreten, die den zweiten Juryplatz erhielt – für „Streifendienst“ hätte man sich ebenfalls einen der Wettbewerbspreise gewünscht.

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