Interview zu „Hedi Schneider steckt fest“ mit Regisseurin Sonja Heiss
Heiss: Ich bin bedingt romantisch
Sie kennen das Krankheitsbild aus eigener Erfahrung. Wie erinnern Sie diese Zeit?
Es war ganz ganz furchtbar. Schrecklich. Das Schlimmste, das ich je erlebt habe. Es hat nicht so lange gedauert, aber es fühlte sich ewig an. Es zog sich zweimal über drei Monate. Danach war auch nicht alles super. Es braucht, bis man sich erholt. Es dauert lange, bis die Angst einem keine Angst mehr einjagt. Wer schon mal so sehr Angst vor der Angst hatte, muss diese im Gehirn eingegrabenen Bahnen wieder umgraben. Daran muss man arbeiten. Im Film erzähle ich, wie Hedi sich erst weigert, zum Therapeuten zu gehen. Anfangs dachte ich damals auch, irgendwas hätte mein Gehirn überfallen. Ich dachte, dass könne man nur mit Medikamenten lösen, das hat ja nichts mit mir zu tun. Letztendlich braucht man Therapie.
Also kann es erst vorwärts gehen, wenn die Krankheit als solche erkannt ist?
Wenn man merkt, dass es mit einem selbst zu tun hat. Es nicht nur das Resultat irgendwelcher Botenstoffe im Gehirn ist, die nicht fließen, wie sie fließen sollen. Es ist leichter, sich einzureden, es sei etwas wie Diabetes, wofür man nichts kann. Das macht Hedi zuerst.
Im Film ist Humor der Schlüssel zum Ganzen. Ihr Paar ist sehr lustig, dieser Humor wird zu einem Werkzeug, mit dem sie der Krankheit begegnen, oder?
Naja, Hedi ist nur anfangs selbst sehr lustig und später dann wieder. Damit wollte ich erzählen, dass man kein melancholischer oder ängstlicher Mensch gewesen sein muss, damit einem so etwas passiert. Während der Krise verliert sie aber den Humor. Sie ist nicht mehr lustig oder intendiert ironisch. Es ist eher ein gewisser Witz, der dem Leben auch in tragischen Momenten inne wohnt. Wer nur um sich selbst und seine Angst kreist, verliert seinen Humor erstmal. Gleichzeitig war mir wichtig, dass der Film nie seinen Humor verliert. Ich wollte keine Krankheitsgeschichte angucken, bei der man denkt: Ist das schrecklich, ist das furchtbar. Ich wollte, dass man die Figuren mag. Dadurch dass der Film den Humor nicht verliert, hat er eine Wärme, die mir wichtig war.
In dem Moment, in dem die beiden an der Krankheit und dann auch an ihrer Beziehungen wieder arbeiten wollen, entsteht einer der schönsten Dialoge der jüngeren Kino-Geschichte: „Wir Können ja einfach einen Tag glücklich sein – und dann sofort wieder unglücklich. Da nehmen wir uns nicht so viel vor. “ …
(Heiss zitiert die Antwort Ihres Hauptdarstellers Hans Löw): … „Ja, ein Tag ist ja auch nicht so lang.“
Diese Vorstellung ist natürlich absurd, aber vielleicht der Beginn einer neuen Annäherung. Glauben Sie die beiden schaffen das?
Das überlasse ich meinen Zuschauern. Das hängt davon ab, wie man selbst dem Leben und der Liebe gegenüber eingestellt ist. Es ist sehr interessant, wie unterschiedlich das Leute sehen. Die einen empfinden das als negatives Ende, die anderen als Happy-End. Ich versuche mir ein Spiel daraus zu machen, die Leute dadurch zu erkennen, wie sie das Ende sehen. Ich wünsche mir, dass Uli und Hedi es schaffen.
Sie sind also Romantikerin?
Klar, sonst könnte ich nie solche Sätze schreiben. Wobei, das ist nicht so romantisch, eher lakonisch. Ich bin wohl bedingt romantisch.
Die beiden unternehmen eine Reise, um ihre Beziehung zu retten. Reisen folgt oft einem Motiv. Was erwarten Sie, wenn Sie Reisen gehen?
Ein bisschen geht man mit der Erwartung auf Reisen, dort unglaublich glücklich zu sein. Diese drei Tage oder diese zwei Wochen unternimmt man, um unheimlich zufrieden zu sein. Es ist dann ganz Schlimm, wenn man es nicht ist – schlimmer als Zuhause.