13. Internationales Festival für Animationsfilm Fantoche in Baden/ Schweiz

Es grünt so grün – Das Fantoche in Baden



Inzwischen präsentiert sich Baden jedenfalls als schnuckeliger und stolzer Gastgeber: Die Stadt ist voll gepflastert mit Plakaten, jedes dritte Geschäft scheint für Fantoche zu werben, im Katalog prangt ein Grußwort des Stadtammanns. Die rausgeputzten niedlichen Gassen, Limmat-Holzbrücke und die grünen Panoramen sind allemal ein Schlendern außerhalb der festen Fixpunkte Trafo, Sterk und Orient wert. Vor allem, wenn in der Frau Meise im Anschluss an den Stadtbummel dann ein köstlicher, überbordender Salat serviert wird.

Das gewählte Programm hat es zunächst schwer, mit der Kulisse mitzuhalten: Der Internationale Wettbewerb ist eine gewagte Achterbahnfahrt – es gibt schöne Ideen und Pointen („Wolf Games“ und „Changeover„), grafisch interessante Experimente („Exuvie“), didaktisch Wertvolles („That’s Mine„) und unbedingt unterhaltsam Verweigerndes („Unhappy Happy„), aber selten Filme, die denen inhaltliche Auseinandersetzung und künstlerische Umsetzung stimmungsvoll in eins zu fallen scheinen.

Kunst versus Unterhaltung

Dass künstlerischer Anspruch und die Unterhaltungserwartung des Publikums oft meilenweit auseinander liegen, beweist ein Meister des polnischen Animationsfilm, Jerzy Kucia höchstpersönlich, mit seiner „Fugue for Cello, Trumpet and Landscape„. Ab der Hälfte seiner 18-minütigen elegisch-getragenen, sich genialisch inszenierenden Tour durch malerische und musikalische Stillleben bleibt die Leinwand schwarz, weil ein Plüschtier schützend vor das Beamerauge gehalten wird, erst ein bisschen, schließlich permanent. Die Leute rufen, Schülerklassen stehen auf und fuchteln, doch der Mann im cineastischen Führerhäuschen lässt sich nicht beirren, bis die Vorstellung unter lauten Pfiffen beendet wird. Nun klärt sich alles auf: Kucia wollte das Publikum davon abhalten, seinen Film in einer Form zu sehen, die er nicht für die Projektion vorgesehen hatte. Im Anschluss an das Programm sollte der Film noch einmal in der richtigen Version gezeigt werden. Das funktioniert dann aber nicht ganz: Die Menschen verlassen scharenweise den Raum, als die anderen Filme fertig gezeigt sind.

Es gibt jedoch schöne Ausnahmen. Neben der wehmütig-getragenen Kindheitserinnerung „Islander’s Rest„, der Wolf-Katze-Beziehungssatire „Life with Herman H. Rott„, so zum Beispiel Ivan Maximovs völlig absurde Zivilisationsstudie „Benches No. 0458„. Darin machen sich seltsame Gestalten gegenseitig in einem Park das Leben schwer, Nasen wachsen ins Unermessliche genau wie Hinterbeine, sobald die Pauke geschlagen wird; der Reigen der Kollisionen erscheint herrlich frivol und unerschöpflich.
Formal fantastisch durchkomponiert ist Paul Bushs „The Five Minute Museum„: Als Tour de Force in Stop-Motion und Objekt-Animation liefert Bush vor allem eine Geschichte der menschlichen Selbstversicherung durch Artefakte.

Kurzweilig und nachdenklich ist die Egoshooter-Parodie „Endgame“ von Phil Malloy geraten. Die 2D-Animation, die sich der Fortbewegungslogik an frühen Computerspielen und visuell an groben Architekturskizzen orientiert, endet drastisch: Die zwei Zocker, die plötzlich unfreiwillige Protagonisten ihres eigenen Spiels werden, werden weggebombt. An ihrer Stelle erscheint plötzlich ein Kamel – die Moral ist wohl eindeutig: Wir können die Dinge nicht zurückholen, alles ist Teil des Fortschritts. Zeitkritisches liefert auch Natalia Krawczuk mit „Fences„. Ihre Auseinandersetzung mit dem Bedürfnis, sich mental und physisch abzugrenzen, kommt mit einem echten Augenzwinkern daher.

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