13. Internationales Festival für Animationsfilm Fantoche in Baden/ Schweiz

Es grünt so grün – Das Fantoche in Baden


"World of Tomorrow" von Don Hertzfeldt lief im Wettbewerb bei Fantoche 2015. © Don Hertzfeldt

„World of Tomorrow“ von Don Hertzfeldt lief im Wettbewerb bei Fantoche 2015. © Don Hertzfeldt

Don Hertzfeld jagt schließlich die ultimative Gewehrsalve in den Wettbewerb. Sein sehnlich erwarteter neuer Film „World of Tomorrow“ ist wieder ein Film für Kinder, der im Grunde nicht für Kinder gedacht ist (sein formidabler, chaotischer „Rejected“ bleibt ein Youtube-Liebling). Emily Prime wird von ihrem Klon aus der Zukunft besucht. Er erzählt von der schönen neuen Welt, in der die Hierarchien natürlich die alten sind: Das Prekariat lässt sich die Gesichter der verstorbenen Lieben auf dysfunktionale Roboter ziehen und landet beim verzweifelten Versuch, einem Metereoriten-Einschlag zu entgehen, mittels Low-Budget-Flügen mir nichts dir nichts irgendwo baumelnd im Weltraum. Dafür kann die privilegierte Oberschicht ihre Erinnerungen für immer in Würfeln aufheben. „Ist das alles nicht wunderbar, Emily Prime?“ Emily Prime begegnet dem Neuen mit dem Handwerkszeug der Kindheit: Naivität und Neugier. Das große Glitzern des technologischen Fortschritts ist der Kleinen nichts – aber grün ist schön! Und das Mittagessen wurde gegessen! Jetzt ist es pink! Sollte Hertzfeld am Ende ein technophober alter Hippie mit erhobenem Zeigefinger werden? Who cares. „World of Tomorrow“ schimmert und glitzert, in seinem kleinen und großen Thema fast zeitlos.

Kino Tri? Ja genau! Während lang nicht alle Programmpunkte gleich gut frequentiert werden, herrscht reges Treiben vor den Sälen, in denen der Schweizerische Wettbewerb gezeigt wird. Das regionale Talent gilt viel und gibt sich vielseitig.

Großer Favorit: Der kritisch-liebevolle Blick auf die Heimat, den „Lucern“ auf das schweizerische Verhältnis zur Atomkraft wirft.
Die Zuneigung des Schweizer Publikums – Fantoche gibt sie umarmend herrlich großzügig zurück. Viele Programmpunkte öffnen das Festival in die Stadt hinein, so zum Beispiel die klein-aber-oho-Ausstellung historischer Animationsgeräte von Zooscop, Laterna Magica bis Stereoskop, das bereits vor fast 100 Jahren beeindruckende 3D-Effekte erzeugte oder die Multimedia-Ausstellungen mit Games, 360°Grad-Filmen und Installationen. Ein optisch irritierender Genuss ist beispielsweise Lukas Thieles audiovisuelle Installation „Am Rande der Zeit„, die aus 100 3D-gedruckten Figuren, die auf je drei Rädern montiert sind, und dem Einsatz von stroboskopischen Licht die Illusion einer kontinuierlichen Bewegung entstehen lässt. Auch der Velo-Verbundenheit der Schweizer wird Rechnung getragen: Beim Migros-gesponserten Velo-Kino erradeln sich die Kinozuschauer selbst den Strom für den Beamer, auf den Sattel geschwungen gibt es Klassiker wie „Das große Rennen von Belleville“ zu bestaunen.

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