13. Internationales Festival für Animationsfilm Fantoche in Baden/ Schweiz

Es grünt so grün – Das Fantoche in Baden


Fantoche 2015 widmete dem Polen Jan January Janczak eine Retro, bei der auch "Look Out" zu sehen war. © Jan January Janczak

Fantoche 2015 widmete dem Polen Jan January Janczak eine Retro, bei der auch „Look Out“ zu sehen war. © Jan January Janczak

Fokus Polen

Mit seinem Fokus Polen blickt Fantoche auf ein Land jenseits der Kantonsgrenzen, in dem die Animation eine lange Tradition hat und dabei entscheidend von den Umbrüchen der letzten Jahrzehnte geprägt wurde. So erinnert die Retrospektive Jan January Janczak an das Schaffen des renommierten, aber lange Zeit in Vergessenheit geratenen, Animationskünstlers in den 60er und 70er Jahren – bevor er 1981 in die Schweiz emigrierte. Alles war politisch, sagt er dann auch in einem mit dem Fantoche-Maskottchen geführten Interview. Ob das immer Systemkritik bedeuten muss, sei dahin gestellt. Aber das politisch Ungemütliche wohnt in allen gezeigten Filmen, sei es die ironisch gefärbte Angelodyssee „Aqua Pura“ oder die zynische Machtstudie „Degustation„.

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Ambivalent bleibt hingegen das Programm „Between the two of us„, das Zwischenmenschliches von 2D und 3D bis Claymation und Öl auf Glas versammelt. Einzig Plucinskas „Jam Session“ – der ein altes Ehepaar Erinnerungen aufleben lässt – hat eine Geschichte zu erzählen, die sich nicht in einer Pointe oder Tagline erschöpft. Anders sind da die Filme, mit denen sich die Filmhochschule in Lodz vorstellt: die unerwartete Begegnung mit einer Spinne („Splat!„) in der Badewanne ist eine Überraschung in Echtzeit und „Birth of a Nation“ fängt die Entstehung und den Niedergang nationaler Identität prägnant ein.

Während in den kuratierten Filmreihen viel Luft für den Migros-Einkauf bleibt, ist das Trafo als größter Kinosaal des Fantoche bei der Premiere (in der deutschsprachigen Schweiz) von Christian Desmares’ und Franck Ekincis „Avril et le monde truqué“ fast ausverkauft. Dem auf der Bildsprache Jacques Tardis beruhenden Gewinnerfilm des diesjährigen Animationsfilmfestival in Annecy liefert dabei fantasievolle Science Fiction, gespickt mit kulturellen und wissenschaftlichen Referenzen. Erzählt wird vom Paris im Jahr 1941: Die napoleonische Dynastie ist nie zusammengebrochen, die Weltkriege haben nie stattgefunden. Stattdessen bleibt das industrielle, kohleverrußte Zeitalter bestehen – was vor allem daran liegt, dass alle Wissenschaftler auf mysteriöse Art und Weise verschwinden – und so die Erfindungen der Moderne von Elektrizität bis Atomenergie nie Realität wurden. Unter den Verschwundenen befinden sich auch Avrils Eltern, die an der Erfindung eines Unverwundbarkeitsserum forschten.
Als Avril erfährt, dass die Eltern noch leben, beginnt ein großes Abenteuer. Das Abenteuer ist auch die Achillesferse des Films, der die interessanten philosophischen Implikationen einer Moderne ohne Moderne zwar immer wieder streift, aber doch lieber Gendarme den Montmartre runterpurzeln lässt, als die angerissenen Gedanken weiterzuverfolgen. Und so bleibt „Avril“ Unterhaltungskino für die ganze Familie: Gern gesehen und schnell vergessen.

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