13. Internationales Festival für Animationsfilm Fantoche in Baden/ Schweiz

Es grünt so grün – Das Fantoche in Baden


Der tschechische Beitrag "Little From the Fish Shop" von Jan Balej überzeugte in Fantoche. © Jan Balej

Der tschechische Beitrag „Little From the Fish Shop“ von Jan Balej überzeugte in Fantoche. © Jan Balej

Vielleicht hat es Hans-Christian Andersens „Die Kleine Meerjungfrau“ von Grund auf ein bisschen einfacher, weil er ja ohnehin zum etablierten Kinderbuchkanon gehört. Jan Balejs tschechische Stop-Motion-Produktion „Little from the Fish Shop“ büßt zwar den Tiefgang des Klassikers ein, erzählt aber nichtsdestotrotz auf anrührende und unterhaltsame Weise in origineller Bildsprache eine zeitgemäße Liebesgeschichte ohne Happy Ending. Der Kinosaal schnieft ins Popcorn.

Little from the Fish Shop“ und „Avril“ sind damit Teil eines durchaus eklektischen Langfilmprogramms, dass dank fehlender Wettbewerbskategorie auch ältere Produktionen (siehe Festivalbericht Annecy 2014 – „Cheatin’“ und „Truth has Fallen„), Klassiker, die neueste Ghibli-Produktion, mehr oder minder geglückte animierte Dokus („Magic Mountain“ findet seine eigene Fragestellung innerhalb einer wilden Animationsmischung nicht) oder verstörende Genrefilme wie „On the White Planet“ (muss man wirklich schockierende Mittel wählen, um einen schockierenden Film zu machen?) versammeln kann.

Weiterlesen: Das Annecy Blog 2014.

Eindrücklich bleibt vor allem der Fokus „Family – Sweet & Sour – Dreams & Desires“. Vom Eröffnungsfilm „My Mum is an Airplane„, in dem sich eine wie von Kinderhand gemalte Sonne die Strahlen in Form schüttelt, über das zynische „Family Portrait„, in dem sich eine wie fotorealistische Malerei anmutende Familie in die Haare bekommt, bis hin zu „Pingpongs„, der nachvollziehbar authentisch das Thema Beziehungskommunikation behandelt, ist hier alles liebevoll und mit Bedacht ausgewählt.

Unvergleichlich: Joanna Quinn, deren Charaktere in ihrer leidenschaftlichen, ungestümen Zeichnung an die oft ordinäre Unterwelt Zilles erinnern und in ihrem charakteristischen Ausdruck an Honoré Daumiers Karikaturen. Ihr brillantes „Dreams and Desires: Family Ties“ – eine Parodie auf das britische Proletentum – ist ganz großes Kino.

Am Samstag zeugt bereits ein Haufen grüner Haare in der Nähe des Merker-Areals von einem nahenden Festivalende. Nach der Preisverleihung wird sich das Mönschterli wieder ein Jahr zurückziehen, bis sich wieder genügend Animationsfilme in seinem Fell oder seinen Haaren verfangen haben. Auf die neue Frisur dürfen die Besucher mehr als gespannt sein.

Marie Ketzscher

Das 13. Internationale Festival für Animationsfilm Fantoche fand von 1. bis 6. September 2015 in Baden/ Schweiz statt.

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