Interview mit André Kirchner zur Weihnachtsfilmfestival Premiere in Berlin 2016

Weihnachtsfilmfestival 2016: Wenn die Christbaumkugel explodiert


Der Mann hinter dem Weihnachtsfilmfestival: André Kirchner. Foto: Teresa Vena

Der Mann hinter dem Weihnachtsfilmfestival: André Kirchner. Foto: Teresa Vena

Gegen Ende des Jahres gesellt sich ein neues Festival zur Berliner Filmfestivallandschaft: Das Weihnachtsfilmfestival. Berliner Filmfestivals stellte dem Gründer, Kurator, Organisator und Leiter André Kirchner Fragen zu diesem außergewöhnlichen Festival.

Es gibt viele Filmfestivals in Berlin, aber es gab tatsächlich noch kein Weihnachtsfilmfestival. Wie bist Du auf die Idee gekommen, dem Thema Weihnachten ein Filmfestival zu widmen?
André Kirchner:
Die Idee zum Weihnachtsfilmfestival hatte ich bereits vor etwa fünf Jahren. Zu dieser Zeit haben mir noch Mut und Erfahrung gefehlt, um das Vorhaben zu stemmen. Die Ursprungsidee war Menschen zusammenzuführen, die an Weihnachten alleine sind oder ihre Liebsten nicht in der Nähe haben. Der Gedanke hat immer noch bestand. Und das Kino ist sicherlich ein toller Ort hierfür. Inhaltlich ist die Idee dann gewachsen zu einem Programm, welches Weihnachten von ganz neuen Seiten abbildet, recht weit entfernt von Märchen, Religion und Kitsch. Irdische Wunder, würde ich mal behaupten.

Im Programmheft konnte ich lesen, dass du Weihnachten und Filme liebst. Das Weihnachtsfilmfestival ist also ein echtes Herzensprojekt von dir. Was fasziniert dich denn an Filmen mit weihnachtlichem Sujet?
Ich bin in einem Dorf am Thüringer Wald aufgewachsen und hatte in meiner Kindheit harmonische Bilderbuchweihnachten. Dass die Feiertage auch nervig, stressig, laut, deprimierend und emotionsgeladen sein können, habe ich auch erlebt. Weihnachten ist Ausnahmezustand, in beide Richtungen. Wie eine Plastikwelt, in der alles fiktional scheint. Die wenigsten arbeiten. Es ist die Zeit mal an andere und auch mal an sich zu denken. Eine Rekapitulation. Die Rahmenbedingungen, welche die Weihnachtszeit liefert, sind ein idealer Nährboden für Katastrophen und Kuriositäten, gerade im Film.

Es ist das erste Festival dieser Art in Deutschland. Gibt es Vorbilder oder ähnliche Festivals im Ausland?
Es gibt einige wenige Festivals in den USA und Programmabende in Europa die sich dem Weihnachts-Sujet widmen. Einige limitieren sich auf Kurzfilme oder schließen die Winterzeit mit ein. Ich habe natürlich recherchiert, aber mich nicht von den Programmen inspirieren lassen und hoffe der Versuch, möglichst unvoreingenommen an die Filmeinreichungen heranzugehen, ist geglückt.

Das Artwork für das Festival ist mit Pastelltönen nicht gerade typisch weihnachtlich…
Das war mir sehr wichtig. Das Weihnachtsfilmfestival begegnet der alten Tradition ‚Weihnachten‘ mit großem Respekt. Dennoch finde ich es legitim Traditionen zu hinterfragen und aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten. Die Festivalbesucher dürfen selbst entscheiden wie sie Weihnachten finden, ob gut oder schlecht oder irgendwas dazwischen. Ich habe mir auf die Fahne geschrieben ein Programm zusammenzustellen, dass mit unkonventionellen Filmen eine völlig neue Sicht auf das Weihnachtsfest wirft. Und ich hoffe, das spiegelt auch das Artwork wieder. Auf dem Poster explodiert eine Christbaumkugel – ein Zeichen für Neuanfang. Die Farben Lila und Gelb stehen für das Wundern.

Es gab einen Call for Entry für das Festival. Warst du mit dem Rücklauf zufrieden?
Ich war nicht nur zufrieden, ich war überwältigt: 848 Einreichungen aus 81 Ländern. Damit hätte ich nie gerechnet. Schon etwas verrückt, wie viele Filmemacher sich dem Thema widmen. Schön zu wissen, dass man nicht der einzige Kauz ist.

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