Interview mit Francesca Vantaggiato zum Visionär Film Festival Berlin 2017

Neu in der Stadt: Premiere für das Visionär Film Festival Berlin



Was war euer kuratorischer Ansatz? Wie seid ihr bei der Auswahl der Filme vorgegangen?
Dieses Jahr wurden Filme eingeladen, die ich im Rahmen meiner journalistischen Arbeit aber auch privat zuvor auf verschiedenen Festivals gesehen habe. Ein Beispiel dafür ist „Underground Fragrance“. Der Film ist mir im Gedächtnis geblieben, weil er wagemutig und stark ist. Das Gleiche gilt auch für „Communication & Lies“.
Das Filmfestival in Rotterdam hat einen sehr interessanten Teilbereich namens „Bright Future“, die ersten und zweiten Spielfilmen junger Talente gewidmet ist. Mit dem Visionär Film Festival wollte ich ein Festival auf die Beine stellen, das sich ganz den jungen Talenten und widmet und deren Förderung vorantreibt.

Was ist das Visionäre an den Filmen, die ihr ausgewählt habt?
Jeder Film ist außergewöhnlich lebendig, mutig und frei. Alle Filme haben eine starke visuelle Wirkung, einige erwecken traumähnliche Atmosphären, die trotzdem voll von Realität erscheinen. Andere sind in einer so ungemütlichen Realität verankert, dass sie fast irreal wirken. Die jungen und talentierten Regisseure sind aufmerksame Beobachter einer Welt, deren herzzerreißende Wahrheiten sie enthüllen.

Die Themen der Filme sind ja eher ungemütlich, politisch und alles andere als Mainstream und dennoch waren sie alle international Festivalgewinner. Unter anderem zeigt ihr ja einen Film des iranisch-kurdischen Regisseurs Keywan Karimi, der aufgrund seines Dokumentarfilms „Writing on the City“ über Graffiti in Teheran im Gefängnis sitzt. Geht es euch auch darum in einem politischen und gesellschaftlichen Sinne visionäre Filme zu zeigen?
Da diese Regisseure keine Grenzen kennen, die ihre Kreativität einschränkt, wollen auch wir unserem Festival keine Definitionsgrenze setzen. Ich hatte die Ehre „Drum“ von Karimi in Venedig zu sehen. Karimis Inspirationsquelle ist Bela Tarr, er erzählt ein schwarzes und politisches Märchen, wo uns nur Suggestionen aus einem aus hysterischen Ereignissen und Charakteren ohne Namen bestehenden Labyrinth führen können. Seine entfremdende Vision des Kinos, die die Interpretation der Realität neu schreibt, ist erstaunlich.
Wenn wir über sein persönliches Schicksal sprechen, kann ich nur sagen, dass der Tag, an dem er verurteilt wurde, ein schwarzer Tag für die Menschheit war. Glücklicherweise ist er seit wenigen Tagen nicht mehr im Gefängnis. Wenn wir seinen Fall unterstützen können, indem wir seine Kunst unterstützen, sind wir sehr froh!

Plant ihr eine Fortsetzung des Festivals?
Das wollen wir unbedingt! Wir wünschen uns, dass das Visionär ein jährlicher fester Termin in Berlin wird und vielleicht sogar Ableger in andere Länder abwirft. Ich würde gerne eine Edition in Apulien (Italien) organisieren, wo ich geboren und aufgewachsen bin.

Die Fragen stellte Tatiana Braun.

Das Visionär Film Festival Berlin findet vom 27. April bis 1. Mai im Babylon Berlin statt. Informationen zum Programm gibt es auf der Festivalhomepage.
Karten für das Festival gibt es direkt im Kino oder hier.
Die Filme laufen alle im Original mit englischen Untertiteln.

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