BFF on the Road: Busan Treffpunkt des asiatischen Films
Busan Filmfestival 2018: Filme zwischen Himmel und Hölle
Alle Jahre wieder… beginnt das Internationale Filmfestival in Busan mit einem Taifun. Auch die aktuelle 23. Ausgabe musste wetterfest gemacht werden, erneut konnte das Festdorf am Strand Haeundae nicht stehenbleiben und einzelne Außenveranstaltungen, wie die Fototermine mit den Stars, fanden drinnen statt. Doch der eigentliche Sturm zog für das Festival schon vor Oktober auf. Die Polemiken und Unruhen der letzten zwei Jahre, geprägt von politischen Diskussionen, Budgetkürzungen, der Entlassung des langjährigen Direktors, dem Boykottaufruf namhafter koreanischer Regisseure, legten sich nicht. 2017 hatte die – erste weibliche – Direktorin noch während der Pressekonferenz zum Eröffnungsfilm mitgeteilt, dass sie nur für die eine Ausgabe des Festivals antreten würde, was sie auch einhielt. So wechselte die oberste Leitung erneut und Jay Jeun übernahm, aber auch eine Handvoll anderer Posten mussten neu besetzt werden. Noch im Frühsommer suchte man für fast alle wichtigen Sektionen neue Verantwortliche.
Ob es an diesem Personalwechsel, am Budget oder schlicht an der zur Verfügung stehenden Filmen lag, kann nicht abschließend beurteilt werden, aber die Qualität des diesjährigen Festivalprogramms fiel im Vergleich zu dem der letzten vier Jahre deutlich ab. Dies scheint Einfluss auf die Besucherzahlen zu haben, da die Kinosäle weit seltener ausverkauft waren als in den Jahren davor. Geschwächelt haben alle Sektionen, ob Schwerpunkt auf koreanische Großproduktionen, neue koreanische Autorenfilme, das Fenster auf das gesamtasiatische Kino oder auch die internationalen Beiträge. Nur etwa eine Handvoll aus den etwa 40 quer durchs Programm gesichteten Filme lohnt es, zu behalten.
Weiterlesen: Unser Bericht der letztjährigen Ausgabe des Busan International Filmfestivals…
Der unbestrittene Höhepunkt des Festivals, der somit die Ehre des nationalen Kinos aufrecht hielt, war das Spielfilmdebüt des Koreaners Hyunyong Park „Don’t go too far„. In der Manier von Roman Polanskis/Yasmina Rézas „Der Gott des Gemetzels“ oder Sally Potters „The Party“ entwickelt der Regisseur eine schwarze experimentelle Komödie, wie er es selbst nennt, die einen Familienstreit inszeniert.
Von der ersten Minute fesseln den Zuschauer das Bild und der Dialog. Extrem reduziert, vor dunklem, schwarzem Hintergrund konzentriert sich die Handlung auf die Interaktion einer Gruppe von acht Personen. Ein Notar verliest den Geschwistern und ihren Ehepartnern das Testament des im Sterben liegenden Vaters. Die Erbsumme wird ungleich verteilt und der Streit nimmt seinen Lauf. Längst nicht aufgearbeitet Konflikte aus der Vergangenheit mischen sich in die Diskussion. Ein Anruf bringt eine kurze Unterbrechung, doch der Anrufer behauptet, das Kind des ältesten Bruders – und Erbe der Hauptgeldsumme – sei in seiner Gewalt und würde nur gegen ein Lösegeld der Höhe der gesamten Erbsumme wieder freigelassen. Patriarchalisch auftretend verlangt der Vater des Kindes die Herausgabe des Geldes der Geschwister. Neuer Streit entfacht, bis der entführt geglaubte Sohn, in der Tür steht. Damit ist allen klar, dass das entführte Kind in Wahrheit die Tochter des zweitältesten Bruders sein muss. Und erneut kommt ein Anruf, die Forderung bleibt die Gleiche. Doch die Prioritäten haben sich inzwischen verschoben und ein anderes Ehepaar muss um das Geld bitten.
Die Parallele zu Akira Kurosawas „Zwischen Himmel und Hölle“ (1963) ist offensichtlich und auch der Regisseur bestätigt sie im Gespräch. Hier glaubt erst auch ein Unternehmer sein Sohn sein entführt worden, es stellt sich aber heraus, es handelt sich um eine Verwechslung und stattdessen haben die Entführer den Sohn seines Fahrers. Der Fall wirft die gleichen moralischen Fragen auf, funktioniert nach einer ähnlichen ironischen Disposition. Über fünfzig Jahre später präsentiert „Don’t go too far“ eine koranische Entsprechung, die die kulturellen Unterschiede zwischen den beiden Ländern überdeutlich macht. Charakterisiert sich die japanische Haltung durch leise Unterwürfigkeit, machen die Koreaner ihrer Wut lauthals Ausdruck. Leise, geduldig und introvertiert verwandelt sich in laut, fordernd und cholerisch.