4. Ausgabe des South East European Film Festival in Berlin

SEEFF 2019: Einweihung eines neuen Kinos mit südosteuropäischen Filmen


Nebeneinander gereihte Plastikstühle schaffen Platz für bis zu 60 Festivalgäste. Foto: Teresa Vena

Eröffnet wurde das Festival mit dem Film „Beside me“ von Tedy Necula aus Rumänien und der sollte auch einer der stärksten Beiträge bleiben. Der Film ist ein Hybrid aus Drama und Spannungsfilm, mit einfachen und wenigen Mitteln gedreht. Das Motiv ist ein steckengebliebener U-Bahn-Wagen, in dem die Fahrgäste langsam miteinander interagieren. Es handelt sich um einen Morgen nach einem großen Brand, bei dem über 60 Personen getötet wurden. Zu den alltäglichen Problemen und Ängsten mischen sich auch die Furch vor einer kollektiven Bedrohung. Der Regisseur sieht in seinen Figuren die ganze Bandbreite der gesellschaftlichen Mittelschicht vertreten, von der alleinerziehenden Mutter, der Studentin, dem Geschäftsmann, dem Jesusanhänger, dem Rentnenpaar bis zu den halbstarken Jugendlichen und dem kleinkriminellen Taschendieb. Die Botschaft des Films ist unmissverständlich auf Versöhnung, Verständnis und einem achtsamen Umgang miteinander ausgelegt. Durch den schnellen Schnitt, die souveräne Kameraführung und das überzeugende Spiel, lässt sich auch der moralisierende Unterton annehmen.

Den Ton nicht getroffen hat die Komödie „Behind the column“ von Csaba Vékes aus Ungarn. Eigentlich geht der Film von einer vielversprechenden, wenn auch nicht neuen Grundidee aus: Ein verkannter Schauspieler und Autor, der immer nur Komparsenrollen ausführt, erhält endlich die Chance sein eigenes Drehbuch zu inszenieren. Der Intendant sieht darin die Chance, das Theater zum erwünschen Misserfolg zu führen. Doch trotz aller Bemühungen findet das Publikum, jedes noch so vermeintlich schlechte Stück wider Erwarten gut. Der Film ist eine Aneinanderreihung von Klamauk der primitivsten Art. Es wird geschrien, sich geprügelt, geflucht, natürlich gesoffen und auch mal auf die Bühne gepinkelt. Humor ist bekanntlich schwer zu transportieren.

Auch eine andere Komödie fällt nicht ganz so radikal durch wie die aus Ungarn, aber dennoch fehlt es ihr an Stringenz. „Lada Kamenski“ von Sara Hribar und Marko Santic aus Kroatien erinnert in der Grundidee an „The Party“ von Sally Potter oder andere kammerspielartige Filme. Ein junger Regisseur bestellt drei ältere Schauspielerinnen zu sich nach Hause, um mit ihnen das Drehbuch eines neuen Filmes durchzugehen. Erst als sie ankommen, eröffnet er ihnen, dass er nur eine von ihnen für die Hauptrolle besetzen will und es sich um ein „inoffizielles, zwangloses“ Vorsprechen handele. Die Frauen sollen improvisieren, miteinander reden, als wären sie alte Freundinnen. Es endet im Streit, der unter dem Deckmantel des Spiels läuft. Aufgenommen ist „Lada Kamenski“ recht dynamisch und auch intelligent. Doch will der Film zu viel, konzentriert sich nicht auf das Hauptmotiv. Die internationale Jugendjury konnte die Komödie überzeugen, die ihr den Hauptpreis verlieh.

Neben „Beside me“ bleibt schließlich ein anderes Drama aus dem Programm des Festivals in positiver Erinnerung: „Holy Boom“ von Maria Lafi. Aufgebaut wie ein Episodenfilm wird die Geschichte gleich mehrerer Charaktere erzählt. In einer Nachbarschaft in Athen wohnen Griechen und Ausländer nebeneinander, vielfach mit Klischees konfrontiert und auf Abstand. Ganz nach dem Prinzip von Murphys Gesetz, das besagt, dass alles schief geht, was schief gehen kann, überschlagen sich die Ereignisse. Lafi hat eine moderne griechische Tragödie inszeniert, die von lebendigen Charakteren getragen wird.

Auffällig ist, wenn man das Programm der aktuellen Ausgabe des Festivals noch einmal überschlägt, dass sich die Mehrheit der Filme mit Individuen und ihrer Interaktion in der Gesellschaft beschäftigen, also mit explizit politischen Themen. Der Umgang mit Fremden und Solidarität sind dabei der aktuellen Regisseurinnengeneration länderübergreifend wichtige Anliegen. Mit dem Berlin-Ring wurde das Sozialdrama „The Pigeon Thieves“ von Osman Dogan aus der Türkei von der internationalen Jury zum Gewinner des Festivals gekürt. Die Auszeichnung als beste Regisseurin erhielt die Zypriotin Tonia Mishiali für „Pause“, ein Sozialdrama über eine 50-jährige Frau.

Teresa Vena

Das SEEFF fand vom 23. bis 26. Mai 2019 im Kino in der Königstadt statt.

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