5. Festival of Animation Berlin (1.-3. Oktober)
Vom 1. bis 3. Oktober findet das 5. Festival of Animation Berlin im City Kino Wedding, im Centre Français de Berlin sowie im Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur statt. Das Filmfestival setzt einen klaren Fokus auf nationale und internationale (kurze) Animation in all ihren Formen und Formaten. Dadurch gibt das breit aufgestellte Programm mit 186 Beiträgen aus 39 Ländern einen wunderbaren Einblick in die aktuelle Animationsfilmszene. Neben der offiziellen Auswahl lädt ein Rahmenprogramm Besucher:innen des Festivals ein, mit Webinaren, Masterclasses, Workshops und speziell kuratierten Programmen – zum Beispiel mit dem Fokus auf den Zerfall Jugoslawiens oder den russischen Film für Kinder und Jugendliche – noch tiefergehend in die Welt des Animationsfilms einzutauchen. Auch viele aktuelle Diskurse werden in den Filmen des Programms und in den Webinaren aufgegriffen, zum Beispiel in einem Programm, das Filmemacherinnen aus Subsahara-Afrika gewidmet ist.
Aufgrund der Pandemie werden Livestreams der fünf Wettbewerbe (die zeitgleich zu den physischen Programmen laufen) in diesem Jahr dazu beitragen, dass Interessierte ortsunabhängig und weltweit das Festival verfolgen können.
Berliner Filmfestivals traf Festivalleiterin Pia Djukic zum Gespräch – und empfiehlt drei Filme aus dem Programm besonders (weiter unten).
Bevor wir zum diesjährigen Festival kommen, ein kurzer Rückblick: Wie entstand bei dir damals die Idee, ein Filmfestival zu gründen?
Als ich 2008 nach Berlin gezogen bin, um an der Filmuniversität KONRAD WOLF in Potsdam Babelsberg Animation zu studieren, habe ich mich sehr gewundert, dass es in Berlin kein Trickfilmfestival gibt, obwohl in Berlin viele Kreative, Künstler:innen und Animator:innen leben. Da dachte ich mir, dass es eine gute Idee wäre, uns eine Plattform zu schaffen hier in Berlin, um uns zu vernetzen. Ich bin in Stuttgart mit dem ITFS aufgewachsen, dort gab es das Festival bereits, bevor es eine große Anzahl von Animatoren und Studios gab.
Das FAB ist gewachsen. Was hat sich seit den vergangenen Ausgaben geändert?
Wir haben von Jahr zu Jahr mehr Filmeinreichungen und auch mehr internationale Gäste. In diesem Jahr freuen wir uns zum Beispiel sehr, dass wir trotz der aktuellen Situation zahlreiche Gäste aus ganz Europa inklusive Russland empfangen dürfen. Darunter Festivaldirektor:innen von großen, langjährig etablierten Animationsfilmfestivals wie Fernando Galrito (Monstra, Lissabon), Dina Goder (Big Cartoon Festival Moscow), Igor Prassel (Animateka, Ljubljana) aber auch bekannte Filmemacher:innen wie Luca Toth, Kolja Saksida, Ebele Okoye und Expert:innen aus der Industrie wie Dommi Fox, Bianca Ansems oder Aisha Madu. Zudem gibt es in diesem Jahr zum zweiten Mal die FAB DIMENSIONAL, unsere Ausstellung mit raumbasierter Animation im Verwalterhaus des St. Marien – St. Nikolai Friedhofs, darunter ein spannendes Exponat von Eric Dyer.
In diesem Jahr wird es auch Livestreams geben. Aktuell werden ja häufig Hybridformen, also Veranstaltungen digital und vor Ort, diskutiert. Sind Livestreams und ähnliches auch eine Option für das FAB nach der Pandemie?
Ich kann mir gut vorstellen, dass das Livestreaming uns auch nach der Pandemie erhalten bleibt, denn es bietet auch Filmemacher:innen am anderen Ende der Welt, die Möglichkeit ihren Film im Wettbewerbsprogramm zu zeigen – und Zuschauer:innen, die Filme überall auf der Welt zu sehen, zusammen mit Freunden und Familie.
Festivals eröffnen Besucher:innen im besten Fall ganz neue Perspektiven. Wie wählt ihr als Team aus, welche Themen ihr jeweils hervorheben möchtet?
Wir versuchen neue Trends der Animationsbranche zu entdecken und Newcomer:innen eine Plattform zu bieten. Filme und Filmemacher:innen zu entdecken, die wir vorher noch nicht oder kaum kannten. Aber wir sind auch interessiert an bereits etablierten Filmemacherinnen. Wir versuchen unserem Berliner Publikum möglichst einen großen Ausschnitt aus der bunten Welt des Animatiosnfilms zu präsentieren. Eine Mischung aus aktuellen Trends der Animationsbranche und der Würdigung „alter Meisterinnen“ des Animatiosnfilms.
Ein Fokus des diesjährigen Festivals liegt auf Filmen von Filmemacherinnen aus Subsahara-Afrika.Wie schätzt du die Animationsfilmszene dort ein, gerade im Hinblick für Filmemacherinnen?
Die Animationsszene in Afrika boomt, es ist längst an der Zeit, das zu würdigen und Kontakte mit afrikanischen Filmemacher:innen zu knüpfen. Dennoch gestaltet es sich für Frauen in Subsahara-Afrika oft schwieriger, einen Studien – oder Ausbildungsplatz im Bereich Animation zu bekommen. Viele Filmemacherinnen aus unserem diesjährigen Afrika-Programm, das Ebele Okoye sorgfältig zusammengestellt hat, sind daher Autodidaktinnen. Aber wir finden es sehr wichtig, auch ihnen mit unserem Festival eine Plattform zu geben.
Worauf freust du dich persönlich beim diesjährigen Festival am meisten?
Ich selbst freue mich sehr, auch die Gäste persönlich kennenzulernen, die ich bis jetzt nur aus dem E-Mailverkehr der vergangenen Monate kannte. Ganz besonders freue ich mich auf den Talk mit Stefanie Sargnagel, Adnan Popovic und Aisha Madu über Webserien im Anschluss an den Wettbewerb „Animierte Serien“. Außerdem bin ich sehr neugierig auf die verschiedenen Masterclasses, insbesondere Ebele Okoyes Masterclass über VR-Animation.
Die Fragen stellte Michaela Grouls.
Die folgenden drei Filme gehören auf die Watchlist:
LE REVEIL DES INSECTES | THE AWAKENING OF THE INSECTS
Darum geht es
Herr Lam ist ein älterer Mann, der langsam sein Gedächtnis verliert: Im Restaurant bestellt er nochmals eine Portion Reis mit Schweinefleisch, obwohl vor ihm noch der eben ausgegessene Teller steht. Er verbringt seine Zeit in seinem Leihhaus, wo sich die Objekte seiner Kunden häufen. Auch wenn er nicht mehr weiß, dass seine Frau gestorben ist, bei jedem einzelnen Gegenstand im Laden weiß er genau, wer ihn einst brachte. An einem Abend kommt eine Frau Meng zu ihm, die behauptet, er sei von einer Horde von Insekten infiziert worden, die sich an seinem Gehirn festgesaugt habe. Sie bemüht sich, ihn davon zu befreien.
Was du zum Film wissen musst
Ganz die südostasiatische Ästhetik zitierend beschäftigt sich der Film der beiden französischen Regisseure Stéphanie Lansaque und François Leroy mit Aspekte der asiatischen Kultur. Dabei geht es um Glauben-Aberglauben, Esskultur und Wohnverhältnisse. Leicht melancholisch und doch hoffnungsvoll ist die Stimmung dieses Films, der zwei ältere Menschen in den Vordergrund, die Zufriedenheit im Augenblick finden. Die feine Animation, die an animierte Aquarelle erinnert, überzeugt durch Einfachheit und gleichzeitiger Sorgfalt für Einzelheiten. – TV
THE AWAKENING OF INSECTS beim 5. Festival of Animation Berlin
„Internationaler Wettbewerb I“, City Kino Wedding, Freitag, 01.10.2021, 21:30 Uhr
„Internationaler Wettbewerb I“, Centre Français de Berlin, 01.10.2021, 21:45 Uhr
THE TALE OF THE GREEN CHEESE
Darum geht es
Ein Ziegenbauer stellt Käse her aus der Milch, die ihm seine Tiere geben. Eine der Ziegen gebärt ein komisches Wesen, das dem Bauer Angst macht und ihn auch noch Papa nennt. Um es los zu werden, verarbeitet er es zu Käse. Der Laib, der daraus entsteht hat eine ungewöhnliche, grüne Farbe. Bei der Inspektion des Käses schneidet dieser aber sehr gut ab und wird ausgezeichnet. So läuft die Produktion mit den sich häufenden merkwürdigen Geburten weiter, bis eines dieser Wesen auf die Idee kommt, sich zu wehren…
Was du zum Film wissen musst
Diese kurze Animation des Schweizers Noah Erni ist makaber und auch ziemlich zynisch – auch etwas geschmacklos. Was hat denn der Bauer gemacht, dass die Kinder seiner Ziegen ihn Papa nennen? Zum rabenschwarzen Humor passt der Animationsstil, der vor allem mit Schwarz-Weiß arbeitet und woraus das Giftgrün heraussticht. – TV
THE TALE OF THE GREEN CHEESE beim 5. Festival of Animation Berlin
City Kino Wedding, Sonntag, 03.10.2021, 13:00 Uhr
MAD IN XPAIN
Darum geht es
Am Strand befinden sich Nacktsonnenbadende, die von einem Panzer, angeführt von einem kirchlichen Würdenträger, eingefangen und in züchtige Kleidung des 19. Jahrhunderts unter Zwang eingekleidet werden. Flüchtlinge ziehen auf Schlauchbooten vorbei. Nonnen, die zu fliehen suchen, werden eingefangen und in einer Höllenmaschinerie im Innern eines künstlichen Vulkans als Zwangsarbeiterinnen eingesetzt. Alles um die Macht des männlichen Klerus aufrecht zu erhalten: Ein Pandämonium.
Was du zum Film wissen musst
Der Spanier Coke Riobóo hat eine Stopmotion-Animation geschaffen, die extrem reich an Motiven ist und technisch äußerst eindrücklich wirkt. Die Figuren wirken wie Nippesfiguren aus Porzellan oder Playmobilmännchen. Mit schwarzem Humor und Zynismus macht sich der Film über die absurden Auswüchse der Religion lustig. – TV
MAD IN XPAIN beim 5. Festival of Animation Berlin
„Internationaler Wettbewerb II“, City Kino Wedding, Samstag, 02.10.2021, 13:00 Uhr