11 mm: Fußball und Film
Ein Festivalrückblick
Vom 12. bis 16. Mai fand in Berlin die 18. Ausgabe des Internationalen Fußballfilmfestivals statt. Wie der Name sagt, widmet sich das Festival einer der „schönsten Nebensachen der Welt“, wie es so heißt. Fußball ist wortwörtlich eine Welt für sich, die über die Ausübung des Sports selbst weit hinausgeht. Viele dieser verschiedenen Aspekte finden traditionell Beachtung in den Titeln, die das Festival jährlich ins Programm nimmt. Vielfältig sind dabei auch die vertretenen Genres und Formate: kurze wie lange Filme, Dokumentarfilme und Serien.
Dieses Jahr hat das Festival einen Ukraine-Schwerpunkt kuratiert, der von den Macherinnen des Ukrainischen Filmfestival in Berlin, Daria Buteiko und Valentyna Zalevska, verantwortet wurde. Gezeigt haben sie beispielsweise Dokumentarfilme über die Mannschaft Dynamo-Kiew, wie DYNAMO-KIEW – DIE LEGENDE EINER FUSSBALLMANNSCHAFT von Alexandra Gramatke und Barbara Metzlaff, BAZYL von Roman Shyrman über den beliebten Dynamo-Kiew-Spieler Oleg Bazilevich oder THE OTHER CHELSEA von Jakob Preuß über den Ort Donezk und dessen Verbindung mit Fußball.
Für den Rest des Programms waren viele Filme aus Europa zu sehen, die nur vereinzelt bereits eine Kinoauswertung in Deutschland hatten oder gar zu erwarten haben. Dokumentarfilme haben einen großen Anteil ausgemacht. Unter ihnen auch FOOTBALL INSIDE von Michele Cirigliano, der diese Leidenschaft zum Sport bei Männern und Frauen aller Generationen einzufangen versucht. Unprätentiös folgt der Film seinen Protagonisten. Die Schweizer Produktion konzentriert sich auf die positiven Aspekte des Sports, zeichnet ein fast schon idyllisches Bild, indem sie die „heilende“ und gesellschaftlich formende Energie von Fußball hervorhebt.
Bei den Spielfilmen sind mehrere größere Beiträge zu entdecken gewesen. Darunter auch COP SECRET von Hannes Þór Halldórsson. Die Weltpremiere feierte die Polizisten-Krimi-Satire in Locarno. Abgesehen davon, dass es sich dabei genretechnisch bisher um einen Solitär im isländischen Kino, ist besonders bemerkenswert daran, dass der Regisseur selbst Profi-Fußballer ist. Er ist der Torhüter der isländischen Nationalmannschaft, die bei der vorletzten Europameisterschaft so derart von sich reden hat lassen. Der Film nimmt traditionelle Geschlechterrollen aufs Korn und ist durch die dichte Inszenierung und die Selbstironie sehr unterhaltend.
Aufgefallen ist zudem unter den Spielfilmen UN GIORNO ALL’IMPROVVISO von Ciro D’Emilio. Die Geschichte eines 16-Jährigen, der in Neapel aufgewachsen ist und durch den Fußball nicht nur für sich sondern auch für seine Mutter zu einer besseren Zukunft finden will, ist geschickt erzählt. Authentisch wirkt die Realität der Jugendlichen sowie auch die Ausgestaltung des kulturellen und sozialen Umfelds. Der Film sucht nicht nach der großen geopolitischen Katastrophe, sondern konzentriert sich auf das ganz persönliche, intime Drama seiner Protagonisten.
Wer also Fußball nicht nur auf dem Feld sehen will, sondern auch der Leinwand, dabei seinen Horizont erweitern will und über die eigenen Landesgrenzen und Überzeugungen hinausschauen möchte, wurde bei 11 mm fündig. Nächstes Jahr dann wieder bestimmt mit einem neuen anregenden Programm im Gepäck.
Teresa Vena
11 mm, fand vom 12. bis 16. Mai 2022 statt. Hier geht es zur offiziellen Internetseite des Festivals.