Filme aus Afrika in Berlin


Afrikamera 2022
Afrikamera 2022

Afrikamera in Berlin vom 8. bis 13. November 2022

Afrikamera präsentiert auch dieses Jahr, nämlich vom 8. bis 13. November 2022, wieder eine Auswahl an neuen Produktionen aus Afrika. Die Filme spiegeln die Vielseitigkeit der Länder des Kontinents wider, zum einen inhaltlich, zum anderen, im übertragenen Sinn, durch die am Festival vertretenen verschiedenen Genres und Bildsprachen.

Auch im 15. Jahr seines Bestehens leistet Afrikamera einen wesentlichen Beitrag zur internationalen Förderung des Kinos aus Afrika. Einzelne Länder sind in unseren Kinos und an Festivals mittlerweile regelmäßig sichtbar, doch sie bleiben Einzelfälle. Afrikamera hingegen bietet die notwendige Übersicht über die spannenden Entwicklungen, die sich in der afrikanischen Kinolandschaften in den letzten beiden Jahrzehnten ereignet haben. Entsprechend setzt Festivalleiter Alex Moussa Sawadogo seine thematischen Schwerpunkte für das Programm. Seit einigen Jahren stehen Menschen und Gesellschaften im urbanen Umfeld im Mittelpunkt.

Dieses Jahr steht das Festival unter dem Titel „Migration & Diaspora“: „Den politischen und künstlerischen Diskurs dominieren dabei europäische Sichtweisen, während afrikanische Perspektiven weitestgehend ausgeblendet bleiben.“, erklärt das Festival. Die diesjährige Filmauswahl möchte der Frage nach „kultureller Identität“ nachgehen: „Die Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen dem „Eigenen“ und dem „Fremden“ wird im aktuellen Kino aus Afrika nicht mehr nur aus der Perspektive der Einwandernden, sondern gleichsam aus Sicht der aus der Diaspora nach Afrika Zurückkehrenden behandelt und so neu austariert.“

Dieses Jahr erweitert das Festival seine Spielstätten, indem Vorführungen erstmals auch im BrotfabrikKino stattfinden. Insgesamt sind es damit vier Austragungsorte: Kino Arsenal, Humboldt Forum, BrotfabrikKino, Heinrich-Böll-Stiftung.

Den Auftakt wird am 8. November um 19:30 Uhr im Kino Arsenal die Tragikomödie SAWAH machen. Der Film ist eine Co-Produktion zwischen Ägypten, Luxembourg und Belgien. Ein wenig erliegt das Drehbuch leider was man als verklärte, romantische Sichtweise von außen bezeichnen könnte, was in diesem Fall vermutlich an der Schwierigkeit den Spagat zwischen den Vorstellungen von Produzenten aus unterschiedlicher Kultursphären zu halten. Kurz gesagt, es handelt sich bei SAWAH von Adolf El Assals um eher um eine Komödie für das breite Publikum. Das muss nicht zwangsläufig etwas Negatives sein, und ist es auch in diesem Fall sicherlich nicht. Der Film hat Zug, erzählt von ungewöhnlichen, zum Teil recht skurrilen Figuren und greift ganz nebenbei wichtige Themen wie Rassismus, Migration/Flucht und Identitätssuche auf.

Neben weiteren Spiel- und Dokumentarfilmen sind auch wieder verschiedene Podiumsdiskussionen geplant. Im Foyer des Humboldt-Forums wird es zudem eine 360° Virtual Reality-Lounge geben, die neue filmische Formate präsentiert.

Teresa Vena

Einige Beiträge möchten wir besonders hervorheben:

Still aus SAWAH von Adolf El Assal © Arikamera 2022

SAWAH

Darum geht es:

Samir ist DJ Skaraab (Skarabäus) und hat große Träume: Er möchte nach Brüssel, um die Weltmeisterschaft der DJs zu gewinnen. Er will nämlich von seiner Musik leben und nicht wie sein Vater sich mit einem Leben als einfacher Dienstleister abgeben. Als er sich auf die Reise nach Europa macht, bricht in Kairo die Revolution aus, weswegen seine Freundin, die engagierte Journalistin Amal, nicht mitkommen kann. Wegen eines (rassistischen) Missverständnisses steht er beim Grenzübergang von Luxembourg nach Belgien ohne Ausweis da und wird von der Polizei mitgenommen. Er darf das Land nicht verlassen, bevor seine Identität nicht geklärt ist. Samir will nicht aufgeben und sucht alternative Wege, um nach Brüssel zu kommen. Dabei trifft er auf den Hummushändler Daniel, der ihn wiederum mit einer wenig zimperlichen osteuropäischen Mafiafamilie bekannt macht…

Was du zum Film wissen musst:

Regisseur Adolf El Assal ist in Ägypten geboren worden, wuchs aber in Dubai, London und Luxembourg. Er ist also wie sein Protagonist ein Weltenbummler und wird selbst dadurch mit ähnlichen Schwierigkeiten wie dieser konfrontiert gewesen sein. Der Film ist sein dritter Langspielfilm. Den Stoff hat er in Luxembourg angesiedelt und El Assal konnte damit offenbar die luxemburgische Moderatorin und Schauspielerin Desirée Nosbusch überzeugen, die sich als Produzentin engagierte.

Termine beim 15. Afrikamera:

Dienstag, 8. November 19:30 Uhr im Kino Arsenal, in Anwesenheit des Regisseurs

Samstag, 12. November um 18:30 Uhr im Humboldt-Forum, in Anwesenheit des Regisseurs

Still ZANKA CONTACT von Ismaël El Iraki © Afrikamera 2022

ZANKA CONTACT (BURNING CASABLANCA)

Darum geht es:

Es kommt zu einem Autounfall. Dabei kreuzen sich die Wege des Ex-Rockers Larsen und der Sexarbeiterin Rajae. Sie sind beide Getriebene und teilen ein Stück ihres Lebens miteinander. Sie verbindet auch die Liebe zur Rock’n’Roll-Musik. Diese könnte ihre Rettung und Zukunft sein.

Was du zum Film wissen musst:

ZANKA CONTACT ist das Spielfilmdebüt des marokkanischen Regisseurs Ismaël El Iraki, der zwischen Casablanca und Paris lebt. El Iraki ist selbst Musiker und offenbar fasziniert von der Kombination zwischen Bild und Klang, was unter anderem darin mündete, dass er ein Unternehmen gründete, das sich auf die Produktion von Konzertaufnahmen spezialisiert. Sein Film ist wild und ungewöhnlich. Auf der Ebene des Spiels wirkt er teilweise etwas klamaukig, auf der Bildebene wagt er sich, mit Farben und Einstellungen zu experimentieren, was eine gewisse Verwandtschaft zu Musikvideos aufweist.

Termin beim 15. Afrikamera:

Donnerstag, 10. November 21 Uhr im Kino Arsenal

NEPTUNE FROST

Darum geht es:

Ein Coltan-Bergarbeiter flieht aus dem Steinbruch, in dem er wie ein Sklave gearbeitet hat und von den Aufsehern brutal behandelt wird. Er schliesst sich in den Bergen einer antikolonialistischen Widerstandsgruppe an. Das Ziel der Gruppe ist es, das sie unterdrückende und ausbeuterische Regime zu stürzen. Als Galionsfiguren fungieren Neptune und Matalosa, die voneinander angezogen werden und von denen besondere Kräfte ausgehen, mit denen die Gruppe tatsächlich das System offenbar aus dem Gleichgewicht bringen kann.

Was du zum Film wissen musst:

Das Gemeinschaftswerk von Saul Williams und Anisia Uzeyman ist eine Co-Produktion zwischen Ruanda und den USA, in Ruanda gedreht. Das Festival beschreibt den Film, der seine Premiere letztes Jahr in Cannes feierte, als eine „afrofuturistische Fantasie, changierend zwischen Musical, Science-Fiction-Parabel und ökofeministischen Hacker-Manifest“. Und genauso sieht er aus. Wild, psychedelisch angehaucht – einfach ungewöhnlich.

Termine beim 15. Afrikamera:

Samstag, 12. November um 21 Uhr im Kino Arsenal

Sonntag, 13. November um 18 Uhr im BrotfabrikKino

Still aus ABOULA NGANDO von Marcus Onalundula © Afrikamera 2022

Kurzfilmprogramm AFRIKAMERA SHORTS – LAUGH IS POSSIBLE

Darum geht es:

In NIGHT SHIFT von Karim Shabaan aus Ägypten geht es um einen jungen Mann, der im Call Center eines Internetanbieters arbeitet und Kundenbeschwerden entgegennimmt. Er erhält einen Anruf eines wütenden Kunden. ABOULA NGANDO von Marcus Onalundula aus dem Kongo sieht als Protagonisten den titelgebenden (Anti-)Helden, der nichts im Kopf hat außer Geld und Frauen. In SUNGURA von Lydia Matata aus Kenia kommen mehrere Frauen für eine Brautfeier zusammen. Die zukünftige Braut hat eine Sexologin eingeladen, die den Frauen ein paar Tipps für ein erfüllteres Sexleben gibt und bringt ihnen Sexspielzeug mit. Eine der Frau sitzt im Rollstuhl. Sie kämpft mit dem Vorurteil gegen sie, dass sie wegen der Lähmung keinen Geschlechtsverkehr haben kann. Doch sie erweist sich als entschlossener als manche der anderen Frauen.

Still aus SUNGURA von Lydia Matata © Afrikamera 2022

Was du zu den Filmen wissen musst:

Auch Afrika kann lachen. Das ist das Motto dieser Kurzfilmauswahl. Es ist meist ein schelmischer Humor, der sich in den vier Beiträgen abzeichnet. Selbstironie spielt dabei eine wichtige Rolle und auch der Versuch, alteingesessene Gesellschaftsnormen mit Humor zu kritisieren. ABOULA NGANDO ist herausragend gespielt von dem Protagonisten und ein Paradebeispiel für einen Stoff, der wohl in unserer vermeintlich abgeklärten Gesellschaft nicht mehr funktionieren würde. Mit SUNGURA bekommt man einen außergewöhnlichen Einblick in die weibliche Sphäre. Der Film hat keine Hemmungen, mit der weiblichen Sexualität umzugehen, ist dabei nie geschmacklos. Vielmehr offenbart er wie tief konservative Rollenmuster noch verankert sind. Selten hat man zudem im Film eine derart emanzipierte Figur mit Behinderung gesehen.

Termin beim 15. Afrikamera:

Freitag, 11. November 18:30 Uhr im Humboldt-Forum, in Anwesenheit des Regisseurs von LODGERS und NIGHT SHIFT