„We are the Champions“ von Sepp Maier


Mit Pokal in der Hand nicht ganz so nackt: Lothar Matthäus, Foto: 11mm/Sepp Maier

Mit Pokal in der Hand nicht ganz so nackt: Lothar Matthäus, Foto: 11mm/Sepp Maier

Ein italienisches Sommermärchen

Minuten zuvor trat Andi Brehme aus elf Metern an und versenkte traumwandlerisch sicher den auf dem Punkt ruhenden Ball in die von ihm aus linke untere Ecke des Tores. Rudi Völler war vorher, im Strafraum zu Fall gekommen. Weltmeisterschaftsfinale 1990, Stadio Olimpico zu Rom, Deutschland gegen Argentinien. Nun treibt Brehme den Ball auf der linken, deutschen Defensivseite dem vom Bodo Illgner gehüteten Tor entgegen. Deutschland führt 1:0 gegen Maradonas Argentinien. An der Seitenlinie fiebert das ganze Team um Teamchef Beckenbauer dem Abpfiff durch Schiedsrichter Edgardo Enrique Codesal Mendez entgegen, nur einer bleibt ruhig und hält mit seiner erst kurz vor Aufbruch nach Italien erstandenen Super-8-Kamera drauf: Torwarttrainer Sepp Maier.

Die „Katze von Anzing“, wie der 74er Weltmeister Maier ob seiner geschmeidigen Bewegungen seit seinen Zeiten als Nationaltorwart der deutschen Elf genannt wird, geht neben seiner offiziellen Beschäftigung als Coach des Torhütertrios Illgner, Aumann, Köpke einer zweiten Aufgabe nach: Er dokumentiert den Weg der späteren Weltmeister von Beginn des Trainingslagers bis zum ausgelassenen Siegesrausch nach dem Sieg in Rom. Die Chronik eines Triumphs, den bis heute keine deutsche Herrenelf wiederholen konnte. Maier wollte eine Erinnerung fürs Team erschaffen – eine Erinnerung, wie er sie sich beim eigenen Triumph ’74 gewünscht hätte.

Wenige Monate vor der Euro in Polen und der Ukraine steht der Regisseur Sepp Maier verblüfft vor seinem Publikum im restlos ausverkauften Berliner Kino Babylon. Im Rahmen des 9. Internationalen Fußballfilmfestivals 11mm feierte „We are the Champions“ seine Premiere. Der Ex-Torwart und Ex-Torwarttrainer wundert sich ob der Begeisterung über „soviel Wirbel um einen 22 Jahre alten Film“ und konstatiert geschmeichelt: „Die sind doch alle völlig verrückt!“ Seit sich die Nachricht über Maiers Teamvideo verbreitet hat, standen die Fans und Nostalgiker Schlange, um eines der knapp 1.700 Tickets für die fünf Vorstellungen zu erstehen. Alle wollten Zeuge sein, ehe das Dokument – womöglich für immer – im Archiv verschwindet. Eine weitere Auswertung im Kino, auf DVD oder im Fernsehen ist nicht geplant.

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