12. filmPolska: „I, Olga Hepnarova“ von Tomas Weinreb und Petr Kazda



Der Film zeigt, dass nicht die Summe der einzelnen Begebenheiten entscheidend ist, sondern das subjektive Gefühl, das schließlich zur Tat führt. Mehrmals bittet die depressive Olga um eine schnelle Überweisung in eine psychiatrische Klinik und wird abgewiesen. Auch heute warten Betroffene oft monatelang auf einen Therapieplatz. Die Verantwortung der Gesellschaft ist es, Menschen Hilfe zu bieten und die Augen offen zu halten für die, die sie brauchen könnten.

„Wenn ihr nicht Menschen heranzüchtet wie mich, dann werden sie nicht so denken wie ich und sie werden nicht tun, was ich tat.“
Also bringt es zu Ende. Olga fordert für sich die Todesstrafe. Jegliche Bemühungen ihres Anwalts lehnt sie ab. Sie sei vollkommen schuldfähig und spüre keine Reue. Das Gericht stimmt schließlich zu. Nach einem Jahr Gefängnis ist Olga gebrochen. Aus der entschlossenen jungen Frau ist ein psychotisches Wesen geworden. Ihr fehlt der Bezug zur Realität und zur eigenen Tat. Trotzdem hält das Gericht an seinem Urteil fest. Olga tobt als sie zum Galgen geschleppt wird.

Die tschechischen Regisseure Tomas Weinreb und Petr Kazda erzählen in klaren schwarz-weiß Bildern die Geschichte der letzten Frau, die in der Tschechoslowakei hingerichtet wurde. Der Film nimmt sich Zeit, die Person Olga Hepnarova zu skizzieren ohne dass, diese jemals nahbar wird. Er zeigt lesbischen Sex jenseits von männerzentrierter Porno-Ästhetik und filmt schonungslos weiter, wo andere Filmemacher sanft abblenden. Am Ende ist Olga Hepnarova nicht die heroische Rächerin der Außenseiter, sondern Opfer ihres eigenen Plans. Was bleibt ist, das Unbehagen über die Frage ob unsere Gesellschaft bereits die nächste Olga heranzüchtet.

Christina Focken

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des 4. deutsch-polnischen Programms für junge Filmkritiker_innen und -journalist_innen der 12. Ausgabe von filmPOLSKA.

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