„Je Suis Charlie“ von Emmanuel und Daniel Leconte



Doch die Emotionalisierung kommt „Je Suis Charlie“ nicht immer zu Gute – Jordan Mintzer kritisiert im Hollywood Reporter zurecht, dass der Film an einigen Stellen unnötig dramatisiert. So werden die Bilder der Demonstration am 11. Januar 2015 untermalt von den orchestralen Tönen Serge Bessets, während aus dem Off betont wird, dass seit der Libération Frankreichs nicht mehr so viele Menschen auf der Straße gewesen waren. Unbestreitbar halten die Ereignisse vom 7. bis 9. Januar 2015 ein besonderes Identifikations- wie Identitätsmoment in Frankreich inne. Doch zugleich werden diese Tage selektiv erzählt und erinnert. Denn neben den Redaktionsmitgliedern Charlie Hebdos starben auch drei Polizisten und vier Besucher eines Supermarkts für koschere Waren. Sie werden im Film erwähnt, doch sie scheinen eher Nebenschauplätze zu sein. Eine kritische Analyse der Ereignisse vom Januar 2015, die auch strukturellen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus miteinbezieht, fehlt. Stattdessen werden die Redaktionsmitglieder Charlie Hebdos als „Helden“ und Kämpfern für die „Meinungsfreiheit“ stilisiert.

Malek Merabet, der Bruder des am 7. Januar 2015 getöteten Polizisten Ahmed Merabet, sagt auf einer im Film kurz gezeigten Pressekonferenz: „Mein Bruder war ein Muslim, und er wurde getötet von Menschen, die nur so tun, als seien sie Muslime.“ Wann kommt „Je Suis Ahmed“ in die Kinos?

Merle Groneweg

Je Suis Charlie„, Regie: Emmanuel und Daniel Leconte, Kinostart: 7. Januar 2016

1 2