„Cheol won gi haeng“ („End of Winter“) von Dae-hwan Kim
Im Schnee steckengeblieben
In „Cheol won gi haeng“ zeichnet der junge koreanische Regisseur Dae-hwan Kim ein sozialkritisches Porträt einer mittelständigen Familie, deren Mitglieder sich seit Langem entfremdet haben. Im Film geht es um Generationskonflikte, die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern, und insbesondere bricht er mit dem typischen Bild der sich aufopfernden, umsorgenden koreanischen Mutter.
Die „gute Seele“ des Hauses ist in diesem Fall nämlich der Familienvater. Herr Kim ist Lehrer an einer Schule in der koreanischen Provinz. Als er in Rente geht, kommt die Familie, bestehend aus Mutter, Vater, zwei Söhnen und einer Schwiegertochter in spe, zur Feier zusammen. Im Restaurant zeichnen sich bereits die verschiedenen Charaktere der Anwesenden deutlich ab: Das Mobiltelefon des älteren Sohnes vibriert ständig, er beteiligt sich nicht an der Unterhaltung, seine Verlobte ist um fröhliche Stimmung bemüht, stösst aber auf keine Gegenliebe. Der jüngere Sohn kommt zu spät und hat Spezialwünsche ans Essen, die Mutter hat an allem etwas auszusetzen und der Vater sitzt still vor sich hin und trinkt ein Glas Soju nach dem anderen. „Das war eine der schlechtesten Feiern, die ich je gesehen habe. Es waren so wenig Schüler da. Hat dich denn in der Schule niemand gemocht?“, sagt Frau Kim zu ihrem Mann. Die Reaktion des Vaters kommt für alle unerwartet: Er verkündet, dass er sich scheiden lassen will.
Fassungslos und verletzt will die Mutter der Situation entfliehen, nach Hause zurückfahren können sie aber alle nicht, denn es hat sehr stark geschneit und die Reisebusse fahren nicht mehr. Somit sind sie gezwungen, in der Lehrerwohnung des Vaters, in der er alleine wohnt, während seine Frau mit dem jüngeren Sohn in der Stadt lebt, unterzukommen. Während Herr Kim seinen eigenen Aufgaben wie Schneeschaufeln, Kochen und dem Packen von Umzugskisten nachgeht, wissen die anderen wenig mit sich und vor allem miteinander anzufangen. Frau Kim ist mit Kritisieren beschäftigt – das Leben auf dem Land, die Art der Haushaltführung ihres Mannes -, aber insbesondere lenkt sie ihre Ohnmacht und Wut auf ihre Schwiegertochter. Die junge Frau kann ihr nichts recht machen, obwohl sie doch äußerst bemüht ist, ihren Schwiegereltern jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Beim Einkauf wird sie ständig belehrt, zurechtgewiesen und muss schließlich ihre Pyjamahose und ihre Hygienebinden selber bezahlen.
Der ältere Sohn und seine Verlobte wollen in Seoul einen Mietvertrag für einen Laden unterschreiben und erhoffen sich von den Eltern finanzielle Unterstützung. Die Versuche, mit seinem Vater über den Kredit zu sprechen, scheitern, doch nähern sich Vater und Sohn etwas an. Es stellt sich heraus, dass Herr Kim sich ein Haus als Alterswohnsitz gekauft hat, das erfährt der Sohn, als er beim Umzug der Sachen hilft. Die Fragen des Sohnes nach den Gründen für den Scheidungswunsch bleiben unbeantwortet, der Vater presst nur ein „es tut mir Leid“ heraus. Als nach drei Tagen die Busse in die Stadt ihren Kurs wieder aufnehmen, gehen alle Familienmitglieder ihrer eigenen Wege, ohne dass es zu einer Aussprache zwischen den Eheleuten gekommen wäre.