„Der letzte Sommer der Reichen“ von Peter Kern



Der letzte Sommer der Reichen“ beginnt mit kruden, hässlichen Szenen in einem Sado-Maso-Bordell und bleibt die ganze erste Hälfte lang abstoßend. Der zweite Teil gleicht einem Kammerspiel, in dem sich die Themen Sexualität, Macht und Geldgier abwechseln. Dass er die weibliche Sexualität in den Fokus rückt, ist der interessante Aspekt des Films. Doch geschieht dies in solch unsensibler Art, dass der Zuschauer kaum einen Mehrwehrt davon hat. Wie in „Angelica“ von Mitchell Lichtenstein, der ebenfalls auf der Berlinale lief, ist es auch hier die männliche Sicht auf die weibliche Sexualität, die ausgerechnet eine ihrer Extremformen thematisiert. Die Figur der Hanna provoziert und hinterfragt festgefahrene Geschlechterbilder: Würde Hannas Verhalten bei einer männlichen Figur insgeheim weniger schockieren? Sind Zuschauer eine solche Härte und Rücksichtslosigkeit, nicht nur im Sexuellen, sondern auch im Beruflichen, mehr von Männern gewohnt und ist man deswegen gegenüber solchem Verhalten, von Männern gezeigt, abgestumpfter?

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Der Schluss des Films spielt sich auf dem Anwesen von Hanna ab, das sie in der Zwischenzeit ihrer frisch gebackenen Ehefrau überschrieben hat, und intensiviert die bereits dekadente Atmsophäre. Das Theatralische, das zu einer unfreiwilligen Komik führt, verstärkt sich gegen Ende, um wie in einer Kulminationsszene einer Shakespeare’scher Tragödie zum Höhepunkt zu finden. Wahnsinn, Betrug und Mord kommen als Teil eines abgekaperten Spiels um die Tronfolge zusammen.

Die Psychologisierung der Charaktere ist oberflächlich, die Figuren wirken teilweise wie ferngesteuerte Marionetten, was auch in den flachen Dialogen zum Vorschein kommt. Der Film ist einer Schockästhetik verpflichtet, die an das Regietheater der späten 1960er Jahre, Jelinek oder Schlingensief erinnert.

Teresa Vena

Der letzte Sommer der Reichen„, Regie: Peter Kern, Darsteller: Amira Casar, Nicole Gerdon, Winfried Glatzeder

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