„El Club“ von Pablo Larraín


Silberner Bär, nämlich den Großen Preis der Jury, für Regisseur Pablo Larraín für "El Club". © Fabula

Silberner Bär, nämlich den Großen Preis der Jury, für Regisseur Pablo Larraín für „El Club“. © Fabula

„Es gibt Priester, die nach wie vor in Amt und Würden stehen, andere, die wegen unterschiedlichster Verstöße im Gefängnis sitzen und jene, die einfach verschwunden sind.“, so beschreibt der chilenische Regisseur Pablo Larraín die Idee zu seinem Film. Der erzählt von jenen im Exil, von denen niemand weiß, wohin sie gingen oder woher sie kamen, und deren Geschichte er zu einem mit viel christlicher Vergebungssymbolik aufgeladenen Stück um Schuld, Sühne und Vergebung verdichtet. Als einer der Pater stirbt, wird ein von der Kirche beauftragter Ermittler (Marcelo Alonso) ins Dorf geschickt und soll die Vorgänge im Haus prüfen. Durch seine Ermittlungen, gedreht in Interviewsequenzen, bekommen die Figuren erst ein Gesicht und eine Biographie. Zynisch und in dunklen, rauen Farben beschreibt Larraín eine Teufelsbrut, die am Ende vor nichts zurückschreckt, wenn es darum geht, ihre Festung zu verteidigen. Beklemmung macht sich im Zuschauer breit.

Alte russische Objektive dienten dem Regisseur dazu, diese Stimmung in Bilder zu transformieren. Dank ihrer Hilfe konnte nicht nur das Licht, das im Film in metaphorischer Hinsicht eine so wichtige Rolle spielt, punktueller zum Strahlen gebracht, sondern auch eine Reihe amorpher Bilder produziert werden. Auf diese Weise verwandelt Pablo Larraín die Gesichter seiner Charaktere in den Close-Ups immer wieder zu zwielichtigen und leicht verzerrten Fratzen.

Den besonderen Reiz des Films macht aber das Spiel mit den Bildern um Schuld und Vergebung im christlichen Kontext aus. Biblische Motive vom Judaskuss, der rituellen Fußwaschung bis hin zum ungläubigen Thomas, der in dieser Geschichte nur im übertragenen Sinne seinen Finger in die Wunde legt, werden zitiert und in das Ambiente einer feindlichen Umgebung gestellt, die in jeder Sekunde zu implodieren droht. Dieser Kontrast zwischen Scheinheiligkeit und scharzhumorig verkleidetem Zynismus macht den Film an machen Stellen kaum ertragbar und lässt das Publikum an anderen Stellen ratlos zurück.

Besonders die Beschreibung der Täter-Opfer-Beziehungen sind in ihrer Ambivalenz oft kaum nachzuvollziehen. Doch das sei der typische moralisch, richtende Blick des Zuschauers selber. Mit dem Opfer habe diese Wahrnehmung selten etwas zu tun. Und eine Moralkeule wollte er mit dem Film nicht schwingen, denn: „Kunst will nicht anklagen.“ Und so liegt auch die Frage, ob das Lamm am Schluss endgültig zur Schlachtbank geführt wird oder die so genannte Vergebungs-, Friedens- und Fürsorgegemeinschaft nun zurückkehrt in den Dienst der christlichen Idee, in jeder Hinsicht im Auge des Betrachters. Dieser Film ist eine leise Wucht.

SuT

El Club“ („The Club„), Regie: Pablo Larraín, DarstellerInnen: Roberto Farías, Antonia Zegers, Alfredo Castro, Alejandro Goic, Alejandro Sieveking, Jaime Vadell, Marcelo Alonso, Francisco Reyes, José Soza, Kinostart: 5. November 2015

El Club“ gewann bei der Berlinale 2015 den Silbernen Bären, den Großen Preis der Jury.
Hier alle Preisträger 65. Berlinale.

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