66. Berlinale: „Chang Jiang Tu“ („Crosscurrent“) von Yang Chao – Silbernen Bär


Der chinesische Beitrag "Crosscurrent" von Yang Chao feierte seine Premiere im Wettbewerb der 2016er Berlinale. Foto: Berlinale

Der chinesische Beitrag „Crosscurrent“ von Yang Chao feierte seine Premiere im Wettbewerb der 2016er Berlinale. Foto: Berlinale

Die Figur der An Lu fungiert als idealisierte Vorstellung von romantischer Liebe, der Gao Chun hinterherrennt, einen Moment festhalten kann, die sich ihm im nächsten wieder entzieht und von der er sich schließlich trennen muss. Die physische Reise Gao Chuns entspricht gleichzeitig einer inneren Reise zu sich selbst. Er legt tausende von Kilometern mit dem Schiff seines Vaters zurück und kommt ihm erstmals auf diese Weise nahe. Die Tradition will, dass Gao Chun beim Tod des Vaters einen schwarzen Fisch in ein Gefäß mit Wasser legen muss und nicht füttern darf. An dem Tag an dem der Fisch stirbt, wird auch die Seele des Verstorbenen erlöst. Der Fisch weigert sich aber, zu sterben. Es geht vielmehr um Gao Chun selbst, am Ende seines Weges im Reinen mit sich selbst und mit der Figur seines Vaters versöhnt, sodass auch dieser endlich seine Ruhe finden kann.

Chang Jiang Tu“ ist ein kontemplativer Film, auf den man sich erst einlassen muss, aber einen mit sinnlichen Landschaftsbildern, suggestiver Geräuschkulisse und einer nahezu spirituellen Erfahrung belohnt. Der Buddhismus und seine Motive der Wiedergeburt und dem Im-Einklang-Sein des Menschen mit der Natur und dem Universum prägen den Film. Die Pagoden haben, genauso wie die grünbewaldeten Hügel entlang des Flusses, eine unprätentiöse, aber doch ehrfurchtgebietende Wirkung. Die vorgetragenen Gedichte im ansonsten dialogarmen Film verstärken den Eindruck, man befinde sich in einer Realität an der Grenze zur Traumwelt, in der Legenden sich mit Aberglauben und Alltag vermischen. Europäer mögen sich an verschiedenen Stellen an Homer erinnert fühlen.

Der chinesische Regisseur Yang Chao erschafft mit „Chang Jiang Tu“ ein formal wie inhaltlich intensives Werk. Die ruhige Kamera vermag sowohl der eindrücklichen Kraft des allesumgebenden Wassers als auch der untergeordneten, aber dennoch in ihrer Größe und mechanischen Einfachheit faszinierenden Technik des Frachtschiffes und der Schleuse, die auf dem Weg zum Ziel durchfahren werden muss, gerecht zu werden. Auf der Berlinale feiert der Film seine Weltpremiere und konkurriert um den Goldenen Bären, den er verdienen würde.

Teresa Vena

Chang Jiang Tu“ („Crosscurrent„), Regie: Yang Chao, Darsteller: Qin Hao, Yin Zhi Lei, Wu Lipeng, Wang Hongwei, Jiang Hualin

Silberner Bär für eine Herausragende Künstlerische Leistung: Kamera!

Termine bei der Berlinale, Sektion Wettbewerb: 
Di, 16.02. 15:00 Friedrichstadt-Palast
Di, 16.02. 20:30 Haus der Berliner Festspiele
So, 21.02. 14:45 Haus der Berliner Festspiele

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