66. Berlinale: „S one strane“ von Zrinko Ogresta


Hauptdarstellerin Ksenija Marinković  in "S one strane" ("On the Other Side") von Zrinko Ogresta. © Interfilm

Hauptdarstellerin Ksenija Marinković
in „S one strane“ („On the Other Side“) von Zrinko Ogresta. © Interfilm

Vergeben, Vergessen, Verfremdet

Vergangenheit und Geschichte sind niemals objektiv. Was auch immer wir einst erlebt, gefühlt oder glauben, gesehen zu haben – es hat keinen Wahrheitsanspruch. Unsere persönliche Perspektive, unsere Emotionen und unsere Reflektion im Anschluss an das Geschehene sind prägend für unsere Erinnerung. Die Verzerrung von Evidenz und Faktizität ist unausweichlich. Folglich weiß niemand, wie sich bestimmte Ereignisse genau zugetragen haben und die Befragung unseres Gedächtnisses liefert uns lediglich eine Annäherung an das, was einst wahrhaftig gewesen ist. Eine schmerzhafte Erkenntnis, die umso quälender wird, je mehr uns das, was sich einst ereignet hat, in seiner Undurchschaubarkeit bis in die Gegenwart verfolgt.

Auch Vesnas Leben ist gezeichnet von ihrer eigenen Vergangenheit. Augenscheinlich haben andere Dinge nun die größere Priorität – sei es ihr harter Arbeitsalltag als Altenpflegerin oder ihre Rolle als selbstlose Mutter zweier längst erwachsener Kinder, die eigentlich ohne sie zurechtkommen müssten. Vesna fühlt sich gebraucht und verantwortlich. Sie will es so. Stets gehetzt und getrieben bleibt ihr nur wenig Zeit, um über die Wunden nachzudenken, die ihr der Bosnienkrieg vor über 20 Jahren zugefügt hat. Bis eines Tages das Telefon klingelt. Z̆arko, nach Jahrzehnten ohne ein einziges Wort, aber auf dem Papier noch immer ihr Ehemann, möchte erneuten Kontakt zu ihr. Anfangs widerstrebt es Vesna, den Mann, der ihr selbst, ihrer Familie und ihrer Gemeinde damals so viel angetan hat, zurück in ihr Leben zu lassen. Doch mit jedem Anruf wird ihr nicht nur bewusst, wie viel Abscheu, Hass und Ressentiments sie einst für ihn empfunden hat. Auch andere, längst verdrängte Gefühle melden sich zurück.

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