68. Berlinale: „Hand auf‘s Herz“ (OT : „Les rois mongols“) von Luc Picard – Gläserner Bär


In "Hand auf’s Herz" vom Kanadier Luc Picard kämpfen Geschwister gegen ihr Schicksal an. © Echo Media / Philippe Bosse

In „Hand auf’s Herz“ vom Kanadier Luc Picard kämpfen Geschwister gegen ihr Schicksal an. © Echo Media / Philippe Bosse

Manon macht das schon

Montréal im Oktober 1970. Für die 12-jährige Manon (Milya Corbeil-Gauvreau) und ihren kleinen Bruder Mimi (Anthony Bouchard) nehmen die unbeschwerten Kindheitstage ein jähes Ende, als ihr Vater (Martin Desgagnés) an Krebs erkrankt und die überforderte Mutter (Maude Laurendeau) sich – auch aus Geldmangel – nicht mehr um die Kinder kümmern kann. Die beiden sollen in Pflegefamilien untergebracht werden. Das muss Manon um jeden Preis verhindern! Eines Abends beobachten Manon und Mimi eine ältere Dame aus der Nachbarschaft (Clare Coulter) durchs Fenster, denn als eine der wenigen im Viertel hat sie einen Farbfernseher. Dabei stellen die Kinder sich vor, was die alte Frau alles für sie tun würde, wenn sie ihre Großmutter wäre: Sie würde Mimi ein Micky Maus-Kostüm nähen, ihm Gutenachtgeschichten vorlesen und mit den Kindern Kekse backen.

Parallel zur angespannten Situation in Manons Familie spitzt sich auch die politische Krise in Québec durch die Aktivitäten der linksextremistischen, nationalistischen Terrororganisation FLQ (Front de libération du Québec) immer mehr zu. Oft sitzt die Familie abends vor dem Fernseher und schaut die Nachrichten. Als darüber berichtet wird, dass der Premierminister Laporte von der FLQ gekidnappt wurde, kommt Manon eine Idee. Mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Cousins Martin (Henri Picard) und Denis (Alexis Guay) plant Manon, die nette Nachbarsoma als Geisel zu nehmen. Denn wer eine Geisel hat, kann Forderungen stellen. Zusammen mit der alten Dame wollen die Kinder in einer Hütte in Saint-Zénon leben – wie eine richtige Familie.

Das Verhalten der Kinder veranschaulicht, wie sehr sie sich nach Zuwendung sehnen – und danach, ernst genommen und in wichtige Entscheidungen miteinbezogen zu werden. In einer berührenden Szene spricht Manon in der Kirche mit Gott und macht ihm Vorwürfe, weil Mimi und sie in eine Pflegefamilie umziehen sollen. Manon möchte nicht mehr arm und nicht mehr Kind sein. Sie will selbst entscheiden können. Da die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder die Erwachsenen aber nicht kümmern, nehmen die Kinder die Sache selbst in die Hand – mit Manon als Anführerin.

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