„A Long Way Down“ von Pascal Chaumeil


Geplanter Selbstmord - auf dem Dach des Londoner Toppers‘ House findet ein ungewöhnliches Treffen statt. Foto: DCM

Geplanter Selbstmord – auf dem Dach des Londoner Toppers‘ House findet ein ungewöhnliches Treffen statt. Foto: DCM

Freundschaft an der Kante der Deadline

Laut der Organisation samaritans.org nehmen sich jährlich etwa eine Million Menschen weltweit das Leben. Das entspricht ungefähr einem Freitod alle 40 Sekunden. Da die Gründe für Suizid so vielfältig sind wie das Leben selbst, ist die Dunkelziffer entsprechend hoch: Verkehrsunfälle, Wohnungsbrände oder Tablettenüberdosen können tragisch und zufällig sein, aber auch genauso das Ergebnis eines bewusst gehegten Entschlusses. Andere Methoden wie Erhängen oder aufgeschnittene Pulsadern lassen da weniger Zweifel übrig. Und wer sich an einem Silvesterabend allein auf das Dach eines heruntergekommenen Hochhauses begibt, hat zuweilen auch etwas anderes im Sinn, als nur die Aussicht zu genießen.

Wenn dann zufällig noch drei andere Menschen auf dieselbe Idee kommen, ist das natürlich blöd gelaufen. Suizid ist etwas Intimes und Persönliches, das keine Zuschauer oder gar motivierende Sprüche vertragen kann. Dass er bei seinem Sprung ins Leere nicht allein sein könnte, hat Martin Sharp (Pierce Brosnan), einst ein beliebter Moderator im britischen Frühstücksfernsehen, leider nicht bedacht. Gute Gründe zum Selbstmord hat er allerdings schon, seitdem er unwissentlich mit einer 15-Jährigen geschlafen hat und seine öffentliche Reputation ein für allemal den Bach runtergegangen ist. Auf dem Dach des Londoner Toppers‘ House kommt ihm im entscheidenden Moment Maureen (Toni Collette) in die Quere, die wegen ihrer Einsamkeit und ihrem schwerbehinderten Sohn ebenfalls einen Schlussstrich ziehen will. Als dann auch noch die hysterische Jess (Imogen Poots) mit Liebeskummer und ein Pizzabote namens JJ (Aaron Paul) mit einem Gehirntumor auftauchen, hat sich der Plan für alle vier gleichermaßen erledigt. Das Projekt Suizid wird erstmal bis zum Valentinstag aufgeschoben.

Nick Hornbys eher unterdurchschnittlicher Bestseller „A Long Way Down“ von 2005 lieferte die Vorlage für den gleichnamigen Film von Pascal Chaumeil. Während das Buch sich eher aus einer schwarzhumorigen Perspektive seinen vier lebensmüden Figuren nähert, wählt die Kinoversion lieber eine kuschelige und tragisch-komische Sichtweise. Gemeinsam ist beiden Varianten, dass die Annäherung dieser völlig unterschiedlichen Lebens- oder Sterbensentwürfe eine Spur zu rasant vonstatten geht. Zehn Minuten beziehungsweise Seiten nach dem ersten Aufeinandertreffen hat sich bereits eine Suizid-Gang gebildet, kurz darauf geht es in den gemeinsamen Urlaub nach Teneriffa. Maureen findet‘s prima, Martin ist ständig besoffen und Jess ist bockig, weil JJ mit einem anderen Mädchen anbändelt. Der gemeinsame Schwur, mindestens bis zum 14. Februar durchzuhalten, bleibt aber trotzdem bestehen.

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